KERNspalte

Nach dem jüngst bekannt gewordenen Anwerbungsversuch im Wendland (LinX berichtete) wurde nun auch eine Kieler Atomkraftgegnerin vom Bundesamt für Verfassungsschutz angesprochen. Hier wie dort ging es formell um das Thema Demonstrationen und Gewalt. Ralf Bengler, so war laut Dienstausweis der Name des „äußerst verständnisvollen“ Mannes, mußte den vorgelegten Fragebogen jedoch unbeantwortet wieder mit nach Hause nehmen. Hingegen erfuhr die Frau, daß der Verfassungsschutz durch andere AtomkraftgegnerInnen auf sie verwiesen worden sei. Wahrscheinlicher ist jedoch, daß man über Personalienfeststellungen oder die Bußgeldstelle in Bad Bramstedt auf die Atomkraftgegnerin aufmerksam wurde. Die Maßnahmen, die innerhalb eines halben Jahres aus dem „Projekt zur Deeskalation“ hervorgehen, sollen sich nach Worten Ralf Benglers nicht gegen die AtomkraftgegnerInnen im allgemeinen richten, sondern gegen „K-Gruppen und Autonome“. Bis zum Abschluß des Projektes sollte die Frau zumindest ihre passive Mitarbeit zusichern, indem sie über die Begegnung schweige. Die Redaktion ist der Ansicht, daß es sich bei dem Kieler Fall weniger um eine Anwerbung handelt, als vielmehr um einen gezielten Einschüchterungsversuch.

Während die einen intensiv kontrolliert werden, erhalten die anderen einen Freischein. So wurde das Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte bezüglich der Freiheitsberaubung beim „Karwitzer Kessel“ von der Staatsanwaltschaft Lüneburg eingestellt. Beim zweiten Castortransport nach Gorleben im Mai 1996 hatte die Polizei mehrere Demonstrierende über acht Stunden lang festgehalten. Die BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg hat bereits eine Beschwerde gegen die Einstellung eingelegt.

Eine gerichtliche Entscheidung ist auch im Fall Backhaus getroffen worden. Beim zweiten Anlauf vor dem OVG Schleswig wurde die Klage von Renate Backhaus erneut abgewiesen (erste Entscheidung im November 1994). Die Atomkraftgegnerin wandte sich gegen die 1991 genehmigte Ausrüstung des Atomkraftwerkes Krümmel mit einem neuen Brennelemente-Typ. Mit der Feststellung, daß beim ersten Urteil die Leukämiefälle in der Elbmarsch unberücksichtigt blieben, hatte das Bundesverwaltungsgericht eine Neuverhandlung der Klage angewiesen. Die Urteilsbegründung: Aufgrund der ermittelten radioaktiven Emissionen sei ein Zusammenhang zwischen dem Betrieb des Kernkraftwerkes und den Leukämieerkrankungen praktisch ausgeschlossen. Also ist es doch so, wie uns der grüne Willi vor kurzem in Bezug auf Krümmel verlauten ließ: es gibt „kein Besorgnispotential“.

Währendessen stehen in der WAA La Hague wieder drei Behälter mit hochradioaktiven Glaskokillen für den nächsten Sixpack ins Zwischenlager nach Gorleben bereit. Bis Ende Januar sollen drei weitere bepackt werden. Der Transporttermin wird vermutlich zwischen den Landtagswahlen in Niedersachsen Anfang März und der Bundestagswahl im Herbst nächsten Jahres liegen. (US)