Einstellungssperre

Die Landeshauptstadt Kiel muß im kommenden Jahr mit weniger Personal auskommen. Insgesamt wurden 55 Stellen aus dem Personalplan gestrichen, dem stehen nur 30 neue Arbeitsplätze gegenüber. Die gesparten Personalkosten belaufen sich auf 753.801 DM. Die Zahl der Planstellen bei der Stadt Kiel beträgt demnach noch 7.011.

Darüber hinaus wurde u.a. mit den Stimmen von SPD und Bündnisgrünen ein „Einstellungsstop/Einstellungssperre“ erlassen, um jährlich ca. 2 Mio. DM zu sparen. Bei frei werdenden Planstellen soll bis auf wenige Ausnahmen automatisch ein dreimonatiger Einstellungsstop in Kraft treten. Nach Ablauf der drei Monate kann die Besetzung nur dann erfolgen, „wenn (durch Nicht-Besetzung) unverhältnismäßig schwere Schäden bzw. Nachteile für die Stadt oder die Allgemeinheit entstehen würden“. Ausgenommen von dieser Maßnahme sind die Planstellen des Städtischen Krankenhauses und der Kindertagesstätten, „soweit die unmittelbare Versorgung betreuter Personen gefährdet ist“. Eigene Nachwuchskräfte, PraktikantInnen, Vertretungen, Einstellungen für „Sonderaktionen, wie z.B. die Kieler Woche“ und sich voll refinanzierende Stellen sind auch vom Einstellungsstop ausgenommen.

Oberbürgermeister Gansel begründete den Einstellungsstop als „unvermeidliche Maßnahme“. Die Philosophie seines Haushaltsprinzipes sei es, durch Streichungen in einigen Gebieten den Druck auf andere Bereiche zu erhöhen: „Ich will, daß alles damit unter Legitimationsdruck kommt.“ Der notwendige Einstellungsstop sei eben der Beitrag der Selbstverwaltung „zu den anderen schmerzhaften Sparoperationen“.

Für die SPD begrüßte Waltraut Siebke den Einstellungsstop als Aktion zur „Stellensicherung“. Zwar könne man einen Einstellungsstop „durchaus unterschiedlich bewerten“, er könne aber ein „positives Signal“ sein, da er eine verstärkte „Aufgabenkritik“ ermögliche und „sonstige Reserven“ aufzeige. Auch Edina Dickhoff (Bündnisgrüne) konnte dieser Argumentation folgen: „Aufgabenkritik tut not!“. Gleichwohl stellten die Bündnisgrünen einen letztlich angenommenen Ergänzungsantrag, den Frauenförderplan nicht auszusetzen. Dies war im Gansel-Plan, den die CDU-Fraktion (!) in die Ratsversammlung eingebracht hatte, vorgesehen. Die Bündnisgrünen haben es darüber hinaus vor allem auf die sog. „Führungspositionen“ abgesehen. So heißt es in ihrem angenommenen Änderungsantrag: „Für Führungspositionen wird die Einstellungssperre zur Erstellung einer Arbeitsplatzbeschreibung nach einer Organisationsüberprüfung genutzt, in der insbesondere geklärt wird, ob die Position überhaupt besetzt werden muß, ob die Stundenzahl herabgesetzt werden kann und ob sie für Teilbarkeit in Frage kommt.“ In der Begründung nannte es Edina Dickhoff „traurig, daß für viele dieser Stellen keine Stellenbeschreibung bestehe“. Dafür gab es sogar Beifall vom Ratsherr Bernd Petersen (SUK), der sekundierte: „Wir brauchen keine Häuptlinge, wir brauchen Indianer!“ Im übrigen sei der Einstellungsstop „sinnvoll“. Nur in einem widersprach der SUKler den Bündnisgrünen. „Wir sind gegen Frauenförderpläne.“ Leider gebe es aber entsprechende gesetzliche Vorschriften: „Wenn wir die Macht hätten, würden wir das abschaffen“.

CDU-Fraktionsvorsitzender Arne Wulff komplettierte das einstimmige Bild der Stellenstreicher: „Wir alle wissen, daß es auch in dieser Stadt Stellenbesetzungen gibt, über die manche KollegInnen die Köpfe schütteln.“

Ausgerechnet Wolfgang Kottek (SUK) wies als einziger Ratsherr auf die negativen Folgen einer Einstellungssperre hin. Schon heute würden sich die Überstunden in einigen städtischen Ämtern im dreistelligen Bereich pro Beschäftigtem bewegen. Der Arbeitsdruck sei schon jetzt „hart an der Grenze der körperlichen Verträglichkeit“. Ein erhöhter Krankenstand könne die Folge einer weiteren Verdichtung der Arbeit sein.

Angesichts der eindeutigen Mehrheitsverhältnisse blieb es Volker Rudnik als Vorsitzendem des Gesamtpersonalrates vorbehalten, auf weitere negative Folgen der Einstellungssperre hinzuweisen. Es müsse „mit einem Rückschlag bei den Erfolgen“ in den Bereichen gerechnet werden, in denen „zielstrebig an sinnvollen und zweckmäßigen Strukturveränderungen gearbeitet“ werde. Zudem kritsierte Rudnik die unterschiedlichen Auswirkungen der Einstellungssperre für die Beschäftigten: Vor allem der „Bereich der Lohnempfänger“ werde durch den Beschluß betroffen sein, da dort die Fluktuation wesentlicher größer als bei Beamten und Angestellten sei. Die „künstliche Personalverknappung“ dürfe nicht zu einer Qualitätsminderung der Arbeit im Verhältnis zu privaten Anbietern führen. Vor allem eine Vergabe von Aufgaben an Private wegen der Dezimierung des eigenen Betriebes müsse verhindert werden. Zudem müßten „organisatorische Vorkehrungen getroffen werden mit dem Ziel, die negativen Auswirkungen auf die verbleibenden Beschäftigten so gering wie möglich zu halten“. Rudnik wies auch auf die Gefahr hin, daß Sozialhilfeempfänger oder ABM-Kräfte zur Besetzung von Stellen herangezogen werden könnten, die infolge des Einstellungsstops frei werden. (usch)