Öl ins Müllfeuer gegossen

In der Ratsversammlung vom 21.8. war die Frage aufgetaucht, warum die Kieler Müllverbrennungsanlage (MVA) erkleckliche Mengen Heizöl verbraucht. „Umwelt”dezernent Schirmer hatte die Zufeuerung von Öl mit dem An- und Abfahren der Anlage begründet. In einer geschäftlichen Mitteilung für die Ratsversammlung am 20.11. mußte er nun einräumen, daß auch im gewöhnlichen Dauerbetrieb Heizöl verbraten wird. Das Heizöl wird „in geringen Mengen neuerdings u.a. auch deshalb zugeführt, um die Umweltbestimmungen sicher einhalten zu können”, heißt es in der Mitteilung. Grund: Durch die zunehmende Mülltrennung sinkt der Brennwert des Restmülls. Die für eine vollständige und damit einigermaßen „saubere” Verbrennung nötigen Temperaturen lassen sich somit nur durch Zufeuerung erreichen.

Trotz dieser Erklärung Schirmers war die Ratsversammlung über die enormen Heizölmengen verwundert, die sich gegenüber dem Vorjahr z.T. mehr als verdoppelt haben. Ratsherr Kolb von den Bündnisgrünen fragte, ob dieser Heizölverbrauch eigentlich durch das Planfeststellungsverfahren zum Betrieb der MVA gedeckt sei. Und Fritz Harms (SUK) spekulierte gar, ob Heizöl dazu benutzt wird, um heimlich den dritten Kessel „warm zu halten”.

Schirmer zeigte sich unfähig, auf diese Fragen zu antworten. Ihm seien „die Zahlen auch nicht nachvollziehbar”. Er müsse sich schon auf das verlassen, was der Aufsichtsrat der MVA ihm sage. „Offenbar” (!) sei es „eine Umweltauflage, die diesen Heizölverbrauch nötig macht”. So wenig firm in seinem Fachbereich zeigte sich Schirmer wieder einmal, daß er am Ende frank und frei einräumen mußte, er sei schlicht „nicht kompetent genug, die Fragen zu beantworten”.

Ende für den 3. Kessel

Ein Dauerbrenner ist endgültig erloschen. In der Ratsversammlung vom 12.12. wurde das Ende des 3. Kessels der MVA beschlossen. Vorausgegangen waren Verhandlungen mit dem Kreis Schleswig-Flensburg bezüglich einer Abänderung des Abnahmevertrags für Müll durch die MVA, in dem noch eine Verpflichtung zur Erhaltung einer Option auf den 3. Kessel gestanden hatte (LinX berichtete). Am 10.12. hatte der Kreis der Vertragsabänderung zugestimmt. Die MVA ist jetzt nur noch verpflichtet, 33.000 Tonnen Müll jährlich abzunehmen. Wie und durch welchen Schornstein sie die jagt, ist ihre Sache. So war der Weg endlich frei für ein Ende des 3. Kessels per Antrag von der CDU, der nach einigen kleinen Änderungen einstimmig angenommen wurde.

Ein Sieg der Vernunft? Wohl kaum. Lutz Oschmann (B 90/Grüne) erinnerte noch einmal daran, daß der 3. Kessel schon im Februar politisch nicht mehr durchsetzbar gewesen sei, dennoch habe es bis jetzt gedauert, das umzusetzen. Überdies geht es im Detail immer noch um die Müllmenge. Im CDU-Antrag wird die Verwaltung beauftragt zu prüfen, ob und wie die Kapazität der MVA auf 140.000 Tonnen pro Jahr (derzeit max. 120.000 t) gesteigert werden kann. Eine solche Erhöhung würde allerdings einen Vertragsbruch mit dem Kirchenkreis bedeuten, auf dessen ehemaligem Gelände die MVA steht. Im Vertrag mit dem Kirchenkreis war seinerzeit eine Maximalkapazität von 130.000 t festgeschrieben worden. Offenbar hat man immer noch Angst, daß man nicht genug Müll verbrennen kann. Lutz Oschmann teilte am Rande der Ratsversammlung hingegen mit, daß aus Schleswig-Flensburg sicher weniger als die vorgesehenen 33.000 t kommen werden und auch die Kieler Verbrennungsmenge sinkt durch fortschreitende Mülltrennung. Daß Müllverbrennung an sich gefährlicher ökologischer Unsinn ist, darauf wies noch einmal der grüne Ratsherr Klaus Tank hin. Inzwischen habe man ein neues bei der Müllverbrennung entstehendes Gift entdeckt, 3-N-B (3-Nitrobenzoen), das die menschlichen Gene angreife und die Giftigkeit des Dioxin bei weitem übertreffe. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund sei Müllverbrennung wenn nicht abzuschaffen, so doch zu minimieren. Derartige Grundsatzerklärungen verhallten jedoch im Rat weitgehend ungehört. (jm)