Ratssplitter

Wiedereinmal versuchten die Grünen in der Ratsversammlung vom 20.11., das rote Tuch Marine anzusprechen. In einem vorsichtigen Antrag forderten sie eine Ermittlung der Strukturentwicklungsgesellschaft KIWI, inwieweit eine zivile Mitnutzung von Teilen des Geländes des Marinearsenals möglich wäre. „Man kann vor Ihnen Angst kriegen, Herr Oschmann”, schmetterte CDU-Ratsherr Moriz den Antrag ab. Weder das Arsenal, noch sein Gelände stehe „zur Disposition”. SUK's Bernd Petersen möchte, daß das Thema endlich tabu ist. Der Antrag sei „dazu geeignet, den Bundeswehr-Standort zu schädigen”. „Im Interesse des Ansehens der Stadt” sollten die Grünen auf solche Anträge in Zukunft verzichten, fügte er altväterlich hinzu. Auch die SPD will nichts von Konversion wissen und möglichst nicht an das Thema rühren. „Das Arsenal sagt, tut uns den Gefallen, und beschließt sowas nicht”, sagte der Fraktionsvorsitzende Raupach und ergänzte siegessicher: „Den wollen wir ihnen tun.” Der Antrag wurde gegen die Stimmen der Grünen abgelehnt.

Was hilft gegen Arbeitslosigkeit? Na klar, „wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen”, oder, wie es die CDU-Ratsfraktion noch säuselnder nennt, ein „Leitbild unter dem Motto 'Kiel — Die wirtschaftsfreundliche Landeshauptstadt Schleswig-Holsteins”. Laut Antrag zu „Erhalt und Schaffung von Arbeitsplätzen” soll der OB unter Einbeziehung aller Beteiligten von KIWI bis DGB ein solches erstellen. Der konkrete Forderungskatalog für das „Leitbild” zeigt, wo die CDU nicht nur in Bonn, sondern auch in Kiel hin will — Wirtschaftsfreundlichkeit auf Kosten der ArbeitnehmerInnen. „Entlastung”, „Abbau” und „Deregulierung” heißen die Zauberworte. Und in der Begründung ist natürlich ausschließlich von den „zunehmenden Klagen aus dem Bereich des ortsansässigen Mittelstandes über bürokratische und regulative Hemmnisse” die Rede. Es steht nicht zu hoffen, daß das zu erstellende „Leitbild” auf die zunehmende Zahl der Opfer solcher nur auf die Bedürfnisse der Wirtschaft schielender Politik im „Weichbild” der Stadt irgendeine Rücksicht nehmen wird.

Der gute alte Sigmund Freud ritt zu Beginn der Haushaltsberatungen in der Ratssitzung vom 11.12. den CDU-Fraktionsvorsitzenden Arne Wulff: „Wo sind den die Stellungnahmen zu unseren Strukturanschlägen”, fragte er die SPD in Sachen strukturelles Defizit des Haushalts. Gemeint waren Strukturvorschläge, wenn auch die Kürzungspläne der CDU in vielen Bereichen anschlagsrelevant wären.

Auch der Kottek (SUK) ist immer wieder für eine Einflüsterung Herrn Freuds zugänglich. „Eine Mehrheit der Kieler Bevölkerung, so groß wie die für Gansel, würde heute Flagge abwählen”, meinte Kottek in der Debatte um die Abwahl des Stadtbaurats. „Und deshalb muß Gansel weg!” Leider nur ein Versprecher, gemeint war Flagge. Denn die SUK war nicht im mindesten auf die Forderung „Stoppt Gansel!” eingeschwenkt, mit den Sparvorschlägen des OB konnte sie sehr gut leben. (jm)