„Arbeit muß sich wieder lohnen“

Während die Versorgung der Armen so weit zusammengestrichen wird, daß inzwischen wieder normal ist, daß Leute obdachlos sind, krank und ohne Zähne, daß Leute im Winter erfrieren, haben Banken und private Versicherungen Billionen angehäuft und finden keine profitable Anlagemöglichkeit für dieses Geld. Aber:

„Die Solidargemeinschaft krankt: Immer mehr Menschen kassieren, immer weniger zahlen.“ (KN) Gemeint sind nicht etwa Kapitalisten, sondern Leute, die gezwungen sind, von Sozialhilfe zu leben. Unterstellt wird, daß Sozialhilfeempfänger nicht arbeiten wollen, weil sie mit Sozialhilfe besser leben könnten als von Arbeit. In aberwitziger Logik wird aus der Tatsache, daß die unteren Lohngruppen am Existenzminimum liegen, geschlossen, die Sozialhilfe zu kürzen.

Kein Gedanke daran, daß die Löhne angehoben werden müßten. Das nackte Elend soll uns drohen, wenn wir nicht mehr bereit sind, für immer weniger Geld immer intensiver und länger zu arbeiten.

Wer erwerbslos wird, soll auf jeden Fall schlechter gestellt sein, als der auf dem Markt vorzufindende schlechtest bezahlte gleichartige Beschäftigte. Und wer für eine längere Zeit aus dem Arbeitsprozeß herausfällt, muß unter das Einkommen des schlechtest gezahlten Beschäftigten aller Branchen sinken. Sonst fehle es am Anreiz zu arbeiten. Die unteren Löhne sind inzwischen bis an das Existenzminimum herab gesenkt. Also wird das Arbeitslosengeld gekürzt. Der Schlechterstellung beim Arbeitslosengeld folgt die Kürzung der Arbeitslosenhilfe und dieser die Kürzung der Sozialhilfe. Und damit jeder Deutsche, wie schlecht es ihm auch geht, sehen kann, daß er doch noch Glück gehabt hat, weil es ja welche gibt, denen es schlechter geht, wird auch noch bei den Ärmsten der Armen gekürzt. Die Sozialhilfe von Bürgerkriegsflüchtlingen, Asylbewerbern und geduldeten Ausländern soll um 20% gekürzt werden. Darauf haben sich am 17. April Regierung und SPD geeinigt.

Der Slogan „Arbeit muß sich wieder lohnen“ entpuppt sich also als blanker Zynismus. In dieser Gesellschaft wird Arbeit oft so schlecht entlohnt, daß der Lohn nur dann noch über dem Existenzminimum liegt, wenn dieses ständig nach unten korrigiert wird.

Ist die Sozialhilfe ersteinmal gekürzt, wächst auch der Druck auf die Löhne, denn immer mehr Menschen werden getrieben, zu den miesesten Bedingungen Arbeit anzunehmen.

Für soziale Grundsicherung

Die Verteidigung von Mindeststandards ist daher keine Frage der Barmherzigkeit, sondern liegt im Interesse aller Lohnabhängigen. So wie die IG-BAU-Kollegen für einen Mindestlohn gestritten haben, um dem Lohn-Dumping auf den Baustellen Herr zu werden, muß auch in anderen Bereichen über entsprechende Forderungen nachgedacht werden.

Ein Möglichkeit wäre eine allgemeine soziale Grundsicherung, wie sie von Arbeitslosen-Initiativen, den Grünen und der PDS gefordert wird. Sie würde nicht nur Hunger, Erfrieren und die schlimmste Not verhindern, sondern hätte eine absichernde Wirkung auf alle Arbeitseinkommen.

Regierung und Unternehmer zielen mit ihrer Politik darauf ab, die Konkurrenz unter uns, den Arbeitslosen und Noch-Beschäftigten, den Deutschen und Einwanderern, zu schüren. Dem können wir nur durch Solidarität begegnen. Und die muß vor allem die untersten Einkommen sichern.