Neuer Ladenschluß:

Freizeitverhalten und Lebensgewohnheiten bleiben

In einem Interview der Landeszeitung (18.1.97) mit dem Hauptgeschäftsführer des Einzelhandels in Schleswig-Holstein, Peter Kettler, sagte dieser: „Der Verbraucher ist nicht bereit, sein Freizeitverhalten zu ändern. Das ist typisch deutsch. Wir haben immer gesagt, daß sich für längere Öffnungszeiten das ganze kulturelle Leben ändern muß.“ Und auch sonst scheinen die Kritiker Recht zu behalten. Herr Kettler sagt zwar zu Beginn, daß man das Ganze eigentlich noch nicht beurteilen könne, aber „für viele Geschäfte rechnet es sich einfach nicht.“

Für die große Mehrheit der Beschäftigten ist der neue Ladenschluß eine Belastung - egal welche Arbeitszeitverteilung gewählt wurde. Dort, wo die Vier-Tage-Woche eingeführt wurde, hat das zur Folge, daß der Arbeitstag extrem lang geworden ist. Bei Wechselschicht können sich die Leute eine Woche lang abends nichts vornehmen. Wer Samstags bis 16 Uhr arbeitet, was zwei- bis dreimal im Monat der Fall sei kann, für den „ist der Tag gelaufen“. Eine Umfrage der DAG hat ergeben, daß der allergrößte Teil der Beschäftigten sich im Freizeitbereich einschränken mußte - was eben die Kunden nicht wollen.

Über 90% der Befragten sagte ferner, daß in ihrem Betrieb bzw. ihrer Abteilung aus Anlaß der verlängerten Öffnungszeiten niemand eingestellt wurde. Dem von den Befürwortern des neuen Ladenschlusses oft geäußerten Argument, daß in allen möglichen Bereichen der Wirtschaft auch Schicht gearbeitet werde, muß entgegengehalten werden, daß es im Einzelhandel - im Gegensatz zu einem Krankenhaus z.B. - keine Notwendigkeit dafür gibt, die Nachteile in Kauf zu nehmen. Und dadurch, daß die Kollegen „nutzlos“ abends herumstehen, ist es für sie erst recht unakzeptabel.

Auf der einen Seite wird inzwischen wohl in allen Betrieben ständig vom Sparen geredet, andererseits aber wird völlig unwirtschaftlich bis 20 Uhr geöffnet. In einigen Betrieben wurden durch Betriebsräte Testphasen mit begrenzter Laufzeit vereinbart oder Betriebsvereinbarungen gekündigt, so daß z.T. jetzt wieder über die Arbeits- und Öffnungszeiten verhandelt werden muß. Bei manchen wurden allerdings einjährige Vereinbarungen geschlossen.

Also, hoffen wir, daß sich nicht noch allzu viele Menschen an die langen Öffnungszeiten „gewöhnen“, so daß es auch den großen Konzernen zu teuer wird. Denn diese spekulieren noch darauf, daß sie Kunden von den Geschäften abwerben können, die die neuen Öffnungszeiten auf Dauer nicht mehr durchhalten können. Dann würden die Kritiker des neuen Ladenschlusses auch damit Recht behalten, daß sich der Konkurrenzkampf durch das neue Ladenschlußgesetz verschärft und letztendlich auch noch Arbeitsplätze verschwinden, weil Betriebe schließen müssen.