Kommentar

Täterschutz vor Opferschutz?

Vor der Küste Italiens sind mehrere Schiffe aufgetaucht, die kurdische Flüchtlinge transportieren. Ein paar hundert Flüchtlinge stranden an der Südgrenze Europas, und in Deutschland bricht die Panik aus. Kommen sie jetzt alle? Hilft Italien den Flüchtlingen vielleicht sogar, nach Deutschland weiterzureisen?

Unsere Politiker, ob sie nun Kanther oder Glogowski heißen, hetzen: Kurdische Flüchtlinge kommen nur aus wirtschaftlichen Gründen, schuld sind kriminelle Schlepper, und die Regierung Italien ist zu schlaff, die Grenzen zu bewachen. Dank des Schengener Abkommens sind das jetzt ja auch "unsere" Grenzen.

Was gerne vergessen wird: Wir in Schleswig-Holstein tragen eine besondere Verantwortung. Wer erinnert sich noch an den Landtagswahlkampf 1992? Die CDU klebte Plakate: "Hennig handelt". Sie wurden bald hier und da überklebt: "... mit Panzern". Denn gerade war herausgekommen, daß der damalige Staatssekretär im Verteidigungsministerium der Türkei Panzer für den Krieg in Kurdistan hatte liefern lassen, trotz eines von der Bundesregierung beschlossenen Lieferstopps. Hennig mußte zurücktreten, die Türkei zerstörte bis heute über 3.000 kurdische Dörfer im türkischen Osten und in Iraks Norden. Hundertausende von Kurdinnen und Kurden flohen, während Hennig in Schleswig-Holstein den Posten des CDU-Landesvorsitzenden bekam und Oppositionsführer im Landtag wurde.

Jetzt steht Schleswig-Holstein, das dem Täter Unterschlupf gewährte und ihn vor einer Strafverfolgung schützte, in der Pflicht: Was ist mit den Opfern? Wieviele Kurdinnen und Kurden, die von Hennigs Panzern aus ihrer Heimat vertrieben wurden, will Schleswig-Holstein aufnehmen?

(Reinhard Pohl)