Anti-AKW

Einigung auf internationale Richtlinien für das Management von Plutonium

Die fast vier Jahre lang geführten Verhandlungen über internationale Richtlinien für das Management von Plutonium sind noch vor Ablauf des Jahres 1997 zum Abschluß gekommen. Nach IANUS vorliegenden Erkenntnissen ist das Ergebnis, das in seinen Details noch nicht öffentlich bekannt ist, unbefriedigend.

Seit Anfang 1994 haben neun Plutonium nutzende und produzierende Länder in Wien mit dem Ziel verhandelt, eine erhöhte Sicherheit und mehr Transparenz über den weltweiten Umgang mit dem Waffenstoff Plutonium zu erreichen. Eine starke Motivation zu diesen Verhandlungen ist nach Ansicht von Kritikern wesentlich aus dem Ziel gespeist, die Akzeptanz für die Nutzung von Plutonium zu erhöhen. Ein zunehmender Protest dagegen regte sich nicht mehr nur bei Bürgerinitiativen und nichtstaatlichen Organisationen, sondern auch bei einer Anzahl von Staaten, die sich insbesondere gegen Schiffstransporte von Plutonium aus Frankreich nach Japan wehrten. An den Verhandlungen waren neben allen fünf etablierten Kernwaffenstaaten auch Deutschland, Japan, Belgien und die Schweiz beteiligt.

 In der ersten Dezemberwoche haben alle neun Länder gleichzeitig eine Note an den Generalsekretär der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) in Wien überreicht. Die endlich mühsam erzielte Einigung über "Guidelines for the Management of Plutonium" kann grundsätzlich begrüßt werden. Die darin vorgesehenen Maßnahmen müssen nicht nur von Kritikern der Plutoniumnutzung als unzureichend bewertet werden, sie stellen auch aus Sicht von beteiligten Regierungen einen zu mageren Kompromiß dar. Unzulänglichkeiten verbleiben sowohl im zivilen als auch im militärischen Bereich.

So haben die Nichtkernwaffenstaaten nicht einmal erreichen können, daß die aus der Abrüstung frei werdenden Plutoniumbestände in Zukunft Kontrollen unterworfen werden, die nach dem international etablierten Standard der nuklearen Sicherungsmaßnahmen für ziviles Plutonium gestrickt sind. Ein Teil der Kernwaffenstaaten hat sich lediglich bereit erklärt, nach eigenem Ermessen und im Rahmen ihrer bestehenden Abkommen zur freiwilligen Überwachung eine begrenzte Menge an Waffenmaterialien einer Kontrolle zu unterwerfen. Dafür soll ein Sonderkontrollregime geschaffen werden, auf dessen Gestaltung und Ausführung die Nichtkernwaffenstaaten keinen direkten Einfluß haben werden. Von einer aus Abrüstungsperspektive wünschenswerten internationalen Kontrolle über alle militärischen Bestände von Plutonium ist diese Zusage noch sehr weit entfernt.

Im zivilen Bereich soll es keinerlei Beschränkungen für die Produktion und Nutzung von Plutonium geben, obwohl dies bei den Verhandlungen immerhin auf dem Tisch war. Nicht nur zur Verminderung der Proliferationsrisiken hätte dies einen notwendigen Fortschritt gebracht. Ein Vorschlag der USA, der allerdings völlig undurchsetzbar war, hatte vorgesehen, die Wiederaufarbeitung von abgebrannten Brennelementen zur Abtrennung von Plutonium vorübergehend zu stoppen und in Zukunft nur noch in dem Maße zu betreiben, in dem das anfallende Plutonium für MOX-Brennelemente (Mischoxid aus Uran und Plutonium) wiederverwertet werden kann. Das Ziel wäre eine drastisch reduzierte Lagerhaltung, die einem Nullinventar von Plutonium möglichst nahe kommen sollte. Alleine das in Frankreich aus deutschen Brennelementen abgetrennte und auf Halde liegende Plutonium kann auf derzeit etwa 14 bis 20 Tonnen geschätzt werden.

Eine große Hoffnung lag nun darin, daß das neue internationale Plutoniumkontrollregime zumindest Transparenz über die Plutoniummengen schafft. Bereits vor Beginn der Überprüfungs- und Verlängerungskonferenz für den Nichtverbreitungsvertrag im April 1995 hatten sich die meisten der neun in Wien verhandelnden Länder öffentlich dazu verpflichtet, Daten über ihre Plutoniumbestände jährlich zu veröffentlichen. In Deutschland unterlagen derartige Daten bisher einer weitgehenden Geheimhaltung. Die Bundesregierung hatte sich auf den Standpunkt gestellt, daß sie alle Kompetenzen diesbezüglich an die EURATOM abgegeben und somit keine eigenen Erkenntnisse über Plutoniummengen habe. Bis auf die Verpflichtung, sich die Daten von der EURATOM zu besorgen und sie der IAEO zu melden, wird sich auch mit dem neuen Abkommen nichts wesentliches ändern. Bei den Verhandlungen ging es u.a. darum, sich auf ein gemeinsames Format für diese Plutoniumbilanzen zu einigen. Die Analyse der noch nicht vorliegenden Details wird zeigen, welchen Wert die damit geschaffene Transparenz haben kann.

(Martin B. Kalinowski - IANUS)