Kommentar

Ausverkauf

Und wieder soll ein Stück städtischen Familiensilbers unter den Hammern: "Stadt bereitet Verkauf der KWG vor", verkündet das örtliche Pressemonopol. Zwar wird die Ratsversammlung erst nach Redaktionsschluß einen entsprechenden Antrag der CDU-Fraktion diskutieren, bei der sozialdemokratischen Mehrheitsfraktion scheinen die Würfel jedoch bereits gefallen. Eine Klausurtagung, so erfährt der Leser, ergab ein grundsätzliches "Ja" der Kieler SPD zur Veräußerung der städtischen Gesellschaft, die rund 11.000 Wohnungen ihr Eigen nennt. Sparvater Gansel ist ­ wer hätte das gedacht ­ voll des Lobes für seine "mutigen" Parteifreunde.

Wahrlich ein Mut der besonderen Art, so als würfe man auf einem leckgeschlagenen Schiff die Lenzpumpen über Bord. Denn eines scheint klar: Auch wenn man sich beeilen wird, anderes zu versichern ­ angesichts von fast einer Milliarde städtischer Schulden und über 90 Mio. per annum Schuldendienst wird kaum Luft bleiben, den Verkaufsgewinn zu investieren. D.h. es werden keine bleibende Werte geschaffen, sondern Banken bedient. Die Stadt wird unterm Strich ärmer ­ "schlanker", wie das auf Neusprech heißt. Fragt sich nur, was wir nächstes Jahr noch ins Pfandhaus schleppen können. Vielleicht das Rathaus? Oder glaubt tatsächlich jemand, daß der Neoliberale von der Leine ­ sollte er denn demnächst den Dicken beerben ­ das Steuer rumreißen, Unternehmenssteuern wieder raufsetzen und den Anteil der Kommunen am Steueraufkommen substantiell erhöhen wird?

Die Sache hat noch einen anderen Aspekt: Mit dem Ausverkauf wird nicht nur finanzielle Substanz aufgegeben, sondern auch Handlungsspielraum. Zwar holt der stadteigene Wohnungsriese schon jetzt aus den Mietern raus, was er kriegen kann, ohne sich allzu viel um soziale Verantwortung und Gesetze zu kümmern, wie der Mieterbund des öfteren moniert. Doch mit einer Privatisierung nimmt sich die Ratsversammlung jede Einflußmöglichleit darauf. Künftig wird man nur noch ein Achselzucken ernten können, wenn man Lokalpolitiker auf ihre Verantwortung anspricht: "Ist privat, haben wir nichts mehr mit zu tun."

Schließlich ist das ganze auch ein ideologischer Offenbahrungseid der einstigen Sozialdemokratie: Das "Grundnahrungsmittel" Wohnung wird ganz offiziös zur Ware erklärt und zum Objekt privater Profitmaximierung gemacht. Auch wenn die Ratsherren und -frauen vom Ganselwahlverein nicht müde werden, anderes zu beteuern: Die gesellschaftliche Verantwortung für die Grundversorgung wird aufgegeben.

(wop)