Antifaschismus

Über 4.000 PS gegen Rechts

Am letzten Sonnabend (9.5.) demonstrierten knapp 100 MotorradfahrerInnen auf 70 Motorrädern in Lübeck gegen den aufkeimenden Rechtsextremismus. Aufgerufen hatte der antifaschistische Motorradclub "Kuhle Wampe", bei der Organisation vor Ort half das Lübecker Bündnis gegen Rassismus.
Schon von Kiel aus setzte sich gegen 10 Uhr ein imposanter Zug von ca. 35 Maschinen in Richtung Lübeck in Bewegung, angeführt von vier Motorradgespannen. Auf der Wallhalbinsel stießen Motorräder aus anderen Teilen Schleswig-Holsteins und aus Hamburg zum Konvoi. Erste Station in Lübeck war die ehemalige Flüchtlingsunterkunft in der Hafenstraße, bzw. der Ort, an dem diese einmal gestanden hatte. Nach einem Brandanschlag im Januar 1996 starben dort zehn BewohnerInnen. Inzwischen sind die äußeren Spuren des Brandanschlages beseitigt, nichts erinnert mehr an die schreckliche Tat. Christoph Kleine vom Lübecker Bündnis gegen Rassismus verwies auf die zweifelhaften Bemühungen der Staatsanwaltschaft, den Flüchtling Safwan Eid für den Brand verantwortlich zu machen. Dagegen wurden alle Spuren, die auf rechtsradikale Täter hinwiesen, mit großem Engagement ignoriert. Dies betrifft u.a. die nachgewiesenen Verbrennungen der anfänglich Tatverdächtigen aus Grevesmühlen und auch Geständnisse eines der rechtsradikalen Jugendlichen. Mitglieder der "Kuhlen Wampe" befestigten zur Erinnerung an den faschistischen Anschlag ein Transparent an der äußeren Umzäunung der ehemaligen Flüchtlingsunterkunft.

Die nächste Station der antifaschistischen Motorraddemonstration war die St. Vicelin Kirche, die im Mai 1997 von rechtsextremen Jugendlichen in Brand gesteckt worden war. An den Außenmauern des ausgebrandten Gebäude fanden sich Hakenkreuze, auch der Name von Pastor Harig wurde an die Außenmauer gemalt. Dieser gewährt mit Unterstützung seiner Kirchengemeinde einer von Abschiebung bedrohten algerischen Flüchtlingsfamilie Kirchenasyl. Vor dem Anschlag initiierte die Lübecker CDU mit Hilfe der Lübecker Nachrichten eine Kampagne gegen das Kirchenasyl und bereitete somit das gesellschaftliche Klima für den faschistischen Anschlag. An dem bislang nicht wieder aufgebauten Kirchengebäude pflanzte die "Kuhle Wampe" als Zeichen der Solidarität einen kleinen Baum.

Letzte Station der MotorradfahrerInnen war der Jüdische Friedhof, an dem ein Kranz zum Gedenken an die Opfer des Faschismus niedergelegt wurde. Zum Abschluß trafen sich die DemonstrantInnen auf der "Alternative". Nach drei Stunden Demonstration sorgte das Kneipenkollektiv des V.E.B. für die notwendige Stärkung. Allgemeine Einschätzung der DemonstrantInnen: Die hervorragende Zusammenarbeit der "Kuhlen Wampe" mit dem Lübecker Bündnis gegen Faschismus hat wesentlich zum Erfolg der imposanten Motorraddemonstration beigetragen. Es bleibt zu hoffen, daß diese Aktion antifaschistischer MopedfahrerInnen im nächsten Jahr wiederholt wird. Anlaß wird es leider genug geben, schon jetzt zeichnen sich mehrere rechtsradikale Kandidaturen zur Europawahl am 13. Juni '99 ab.

(Text und Fotos: usch)