Kommentar

Legal, illegal...

Glaubt man deutschen Politikern, so ist die Bundesrepublik Ökomusterknabe. Andere Länder könnten von "uns" eine Menge lernen (und der beste Umweltschutz wäre natürlich, wenn sie "unsere" saubere Technik kaufen). Wenn die Umweltschutzverbände doch noch mal auf den einen oder anderen Mißstand hinweisen, schiebt man es in Bonn gerne auf "die in Brüssel". Man wolle ja, aber leider müsse man auf die anderen EU-Partner warten, die halt noch ein bißchen rückständig seien.

Die deutsche Öffentlichkeit nimmt das ihren Regierenden gerne ab, denn nichts schmeichelt dem Michel mehr, als bestätigt zu bekommen, Nummer Eins zu sein. Und sei es nur im Umweltschutz.

Mit der Realität hat das ganze allerdings wenig zu tun. Bei entsprechenden Verhandlungen in Brüssel oder Straßburg sind es bereits seit geraumer Zeit vor allem Kohls Mannen bzw. seine Dame für nukleare Proliferation und Kontaminierung (Merkel), die verwässern, blockieren und auf Zeit spielen. Gelegentlich finden in letzter Zeit gar Klagen der EU-Bürokratie ihren Weg in deutsche Medien. Deutsche Parlamente, so liest man dann, lassen sich über die Gebühr Zeit bei der Umsetzung von EU-Umweltrecht.

Jüngstes Beispiel Schleswig-Holstein: Ausgerechnet vom FDP-Chef Kubicki mußte sich der grüne Umweltminister Steenblock im Januar loben lassen, er habe die Ostseeautobahn A20 verhindern können, es aber nicht getan. Der Minister hätte sich nur an geltendes (EU-) Recht halten und die Wakenitzniederung bei Lübeck, durch die gebaut werden soll, als Schutzgebiet ausweisen müssen. Müssen wohlgemerkt, denn die entsprechenden EU-Richtlinien sehen anders als deutsches Recht eine Verpflichtung der Behörden vor, die geeignetsten Gebiete auszuweisen. Das sei mit der SPD nicht zu machen gewesen, soll der Gelobte seinen Rechtsbruch wiederholt gegenüber A20-Gegnern gerechtfertigt haben.

Daß er aber tatsachlich zur Ausweisung verpflichtet gewesen wäre bestätigte ihm am 19.5. auch das Berliner Bundesverwaltungsgericht. Das gab zwar in seinem Beschluß erneut grünes Licht für den Bau des Landschaftszerstörers, trug aber zugleich der Landesregierung auf, nachzubessern und zu entscheiden, nach welcher Richtlinie das Areal als Schutzgebiet angemeldet werden muß.

Für die Umweltschützer gibt es allerdings wenig Anlaß zum Feiern, denn zugleich weist der Spruch der Berliner Richter darauf hin, daß man sich von Schutzauflagen befreien lassen kann, wenn ein "übergeordnetes öffentliches Interesse vorliegt". Das wird hierzulande noch allemal in der "freien Fahrt für freie Bürger" zu finden sein.

(wop)