Aus dem Kieler Rat

KWG wird verscherbelt

Rat gab grünes Licht für Verkaufsverhandlungen der stadteigenen Wohnungsbaugesellschaft

Das Ergebnis stand schon vorher fest: Mit der KWG verkauft die Stadt ein weiteres Stück Tafelsilber und zieht sich damit aus ihren sozialen Verpflichtungen zurück. Dennoch diskutierte der Rat am 14.5. über den geplanten Verkauf. In einem interfraktionellen Antrag, der gegen die Stimmen der Grünen angenommen wurde, hatten SPD und CDU die Eckwerte für die Verkaufsverhandlungen, mit deren Aufnahme der OB beauftragt wird, festgeklopft.

SPD-Fraktionsvorsitzender Jürgen Fenske wußte um die Bedeutung der Vorentscheidung für den Verkauf der KWG. Es handele sich um "die wohl weitreichendste Grundsatzentscheidung der Wahlperiode". Insofern mache das die SPD "nicht einfach mit einem Federstrich". Auch künftig sei das Angebot preiswerten Wohnraums eine wichtige Aufgabe. Dennoch bedürfe die Stadt dafür keiner eigenen Wohnungsbaugesellschaft. Es gebe heute "andere Instrumente", auch für sozial Schwächere günstigen Wohnraum bereitzustellen, z.B. den Mietspiegel. Es gehe nun nicht darum, die KWG "zu verscherbeln". Vielmehr solle der künftige Eigentümer die soziale Funktion der KWG fortführen. "Dafür nehmen wir auch Erlösminderung in Kauf". Die Bedingungen für den Verkauf seien sehr restriktiv. Sogar die Forderungen der Grünen ­ sie hatten einen Alternativantrag gestellt ­ seien berücksichtigt. Fenske sah im Verkauf der KWG einen "wichtigen und mutigen Schritt" und drohte vorsorglich: "Weitere müssen folgen!"

Im Antrag von SPD und CDU werden als Verhandlungsgrundlage folgende "Rahmenbedingungen" für den Verkauf genannt:

Ferner soll der OB laut Antrag über Vorkaufsrecht der bisherigen Mieter, Fortführung der sozialen Stabilisierungsmaßnahmen in Problembereichen, Erhalt des bestehenden Mieterbeirats und Steuerungsmöglichkeiten der Stadt auch nach dem Verkauf verhandeln. Bei den Verhandlungen soll "externer Sachverstand" hinzugezogen werden.

Die Grünen hatten in ihrem Alternativantrag ferner gefordert zu prüfen, daß "die Folgekosten eines Verkaufs nicht dazu führen, daß die kommunalen Schulden bei Wohnungsnot oder sozialen Problemlagen wieder ansteigen".

Arne Wulff war für die CDU glücklich, daß die SPD nach dem "personellen Wechsel" nun endlich immer wieder vorgetragene Vorschläge der CDU zur Privatisierung städtischen Eigentums übernehme. Man müsse sich fragen, ob die "Vorhaltung sozialer Leistungen noch nötig" sei. Der Verkauf der KWG werde deutlicher zur Haushaltskonsolidierung beitragen (der Erlös soll ausschließlich zur Minderung der fast 1 Mrd. DM Schulden der Stadt verwendet und nicht "verfrühstückt" werden) als Gewinne aus dem Betrieb der KWG. Daß die Mieter der KWG ein Vorkaufsrecht für die Wohnungen erhalten sollen, spiegele "unsere gesellschaftliche Wunschvorstellung, daß Menschen Eigentum erwerben". Jedoch müsse bei den Verhandlungen ein "Debakel wie beim Verkauf der landeseigenen Kieler Werkswohnungen (an den Preussag-Konzern)" vermieden werden: "Wir wollen keine Zerschlagung der KWG."

Hartmuth Kluth warnte für die Grünen vor der Preisgabe eines städtischen Steuerungsinstrumentes auf dem Wohnungsmarkt. Für eine soziale Wohnungsbaupolitik, eine "zentrale Aufgabe der Daseinsvorsorge", könne die Stadt nicht auf eine eigene Wohnungsbaugesellschaft verzichten. Der Wohnungsmarkt sei keineswegs entspannt. Immer noch fehle v.a. kostengünstiger Wohnraum. Durch die anhaltende Massenarbeitslosigkeit sei zudem für die Zukunft eine "enorm zunehmende Armut" zu erwarten. Daß die Eckwerte für den Verkauf den Mieterschutz enthielten sei ferner kein Zugeständnis, sondern sowieso rechtlich vorgeschrieben. Lutz Oschmann (Grüne) sah in dem Beschluß, Verhandlungen über den Verkauf aufzunehmen, bereits den Beschluß für den Verkauf. Anders als der OB, der meinte, Ergebnis der Verhandlungen könne auch sein, "daß wir nicht verkaufen", fürchtete Oschmann, es werde schwierig, bei einem schlechten Verhandlungsergebnis den Grundsatzbeschluß wieder zu kassieren. Vielmehr werde jetzt ein "Automatismus" beginnen. Beim Verkauf sei außerdem kein ausreichender Erlös zu erzielen, weil der Marktwert der KWG, nicht zuletzt durch die Rahmenbedingungen für den Verkauf, geringer als der Substanzwert sei. "Wer die KWG kauft, wird Gewinn erwirtschaften wollen." Das, so Oschmann, sei "die Logik des Kapitalismus", womit er "keine Wertung" verbinden wolle. Ein städtisches Unternehmen zur Befriedigung des "menschlichen Grundbedürfnisses Wohnung" hingegen müsse und könne eine "sozialpolitische Dividende statt Gewinn" erwirtschaften. Zudem könne eine stadteigene Wohnungsbaugesellschaft beim Neubau von Wohnungen ökologische Standards setzen, auch diese Steuerungsmöglichkeit entfalle bei einer Privatisierung.

Daß Oschmanns Einschätzung einer unumkehrbaren Vorentscheidung für den Verkauf richtig ist, zeigte im Folgenden Arne Wulff. In der Tat sei der Beschluß unumkehrbar. "Es ist kein Blankoscheck, doch dem Grunde nach wird heute der Verkauf beschlossen."

OB Gansel war da vorsichtiger. Die Stadt dürfe sich bei den Verhandlungen nicht selbst unter Druck setzen. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, daß "wir verkaufen müssen". Ferner dürften die Bedingungen für den Verkauf nicht zu hoch geschraubt werden: "Wenn unter diesen Bedingungen noch Gewinn gemacht werden soll, so wird sich ein potentieller Käufer fragen, warum behält's die Stadt nicht selbst." Grundsätzlich sei aber die Vorhaltung sozialer Leistungen "nicht mehr die richtige Politik". Natürlich könne die Lage auf dem Wohnungsmarkt auch wieder gespannter werden, doch, so der OB, "so ist eben das Leben".

Jürgen Fenske versuchte abschließend noch eine "Ehrenrettung" der SPD. Der Entschluß, die KWG zu verkaufen, deute keinen "sozialpolitischen Wandel" in der SPD an. Gut gebrüllt, Fenske. Aber "so ist das Leben", genau diesen Wandel der "New-SPD" zeigte der Verscherbelungsbeschluß einmal mehr. Weitere deutliche Zeichen werden folgen.

(jm)