Lokales

Socken-Allergie bei der SPD

Im Westen läßt sich mit Hintzes roten Socken noch allemal prächtig Wahlkampf betreiben, ganz als ob die Zeit seit Adenauers und Schuhmachers antikommunistischen Haß-Tiraden stehen geblieben wäre. Das zeigt sich dieser Tage auch in Schleswig- Holstein, wo CDU und SPD sich in Hysterie überschlagen, weil die Landeszentrale für Politische Bildung über die PDS diskutieren lassen will.

Eigentlich hatte sich Klaus Kellman, Chef der Landeszentrale, nichts weiter dabei gedacht, als er schon vor Monaten eine Tagung mit dem Titel "Die PDS ­ Analyse einer postkommunistischen Partei" vorbereitete. Gero Neubauer von der FU Berlin und Günther Schabowski, ehemaliger SED-Bezirkssekretär von Berlin, waren eingeladen worden, um über Themen wie "Wirklich schon demokratisch? Entstehung und Entwicklung der PDS in den frühen 90er Jahren" zu referieren. Auch Dieter Klein vom PDS-Parteivorstand sollte die Gelegenheit gegeben werden, über die Programmatik der Demokratischen Sozialisten vorzutragen. Den Abschluß wollte man mit einer Podiumsdiskussion mit den Landtags-Parteien bilden.

Doch dann kam die sachsen-anhaltinische Wahl dazwischen, und alles war auf einmal ganz anders. Von einer "absurden Veranstaltung" redet nun SPD-Fraktionschefin Ute Erdsiek-Rave. "Den falschen Leuten (werde) damit ein Podium geboten." Vor allem an der Einladung Kleins stößt man sich. Kellmann läßt sie wissen, daß ihr für derlei Diskussionen "jedes Verständnis" fehlt, und schließt die Teilnahme eines SPD-Vertreters am Abschlußpodium aus. Bei der CDU, etwas konsterniert, die Gelegenheit zu einer schönen Rote-Socken-Kampagne veschlafen zu haben, schließt man sich der Absage an.

Die konservative "Landeszeitung" sieht indes die "Die PDS zum Zankapfel der Nation" aufgestiegen und läßt ihren Karikaturisten die Sozialisten als Skorpion darstellen, der von FDP und Grünen gehätschelt wird. Die beiden kleinen Parteien weigern sich nämlich, sich der Hysterie anzuschließen. Karl-Martin Hentschel von den Grünen spricht von einem "ernstzunehmenden Thema", und FDP-Politiker Ekkehard Klug sieht bei den Sozialdemokraten v.a. Heuchelei.

Auch bei der dänischen Minderheit, dem Südschleswigschen Wählerverein (SSW), behält man einen kühlen Kopf. Der SSW pflegt bereits seit Jahren ein unverkrampftes Verhältnis zum PDS-Landesverband und sendet auch schon mal Grußworte zu dessen Mitgliederversammlungen. SSW-Landtagsabgeordnete Anke Spoorendonk hält zwar auch nichts von Kellmanns Vorhaben, aber eher, weil sie lieber mit der als über die Partei spricht.

Eins ist jedenfalls gewiß: Der ganze von den Christsozialdemokraten angerichtete Wirbel wird der Veranstaltung zu unerwarteter Aufmerksamkeit verhelfen. Bleibt nur zu hoffen, daß die unerwartete Werbung nicht einige der hiesigen PDS-Vertreter dazu verleitet, am 9.6. das mehr oder weniger geneigte Publikum ums Mitspielen anzubetteln, sich dabei womöglich auch noch auf den Ostlandritter Weizsäcker berufend. Der hat nämlich in jüngster Zeit in verschiedenen öffentlichen Stellungnahmen die Einbindung der PDS in das System der Bundesrepublik gefordert.

(wop)