KERNspalte

Nicht nur die Spannung nach den Atombombenversuchen in Indien und Pakistan läßt uns den Atem anhalten, auch beim sich ausweitenden Skandal um die Atomtransporte in Europa bleibt einem die Spucke weg.

Mittlerweile wurde zugegeben, daß auch in deutschen AKW seit Anfang der 80er Jahre belastete Atommülltransporter ankamen, u.a. auch einer in Krümmel. In Niedersachsen konnten bereits nukleare Verunreinigungen an Eisenbahnwaggons nachgewiesen werden. Und bei Darmstadt wurde ein Castorgestell für Straßentransporte mit 50.000fach erhöhten Strahlenwerten aufgefunden!

Die gegenseitigen Schuldzuweisungen, insbesondere zwischen Land und Bund, sind nur Ablenkung. Denn für die Atomtransporte sind verschiedene Stellen verantwortlich. Sie alle sind zur Rechenschaft zu ziehen. Nur nach und nach gelangt das ein oder andere ans Tageslicht. So wurden Merkels Leute schon 1985 von der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien (IAEO) über erhöhte Strahlenwerte bei Atommülltransporten informiert. Der Geschäftsführer der BLG (Brennelementlager Gorleben GmbH), Reinhard König, gab bereits 1981 auf der Ratsversammlung im Wendland zu, daß die Außenhaut von Transportbehältern mit Plutoniumstaub behaftet sei.

Bisherige Konsequenzen? Herr Kohl ermahnte bei einer gemeinsamen Feier die Energieversorger, seiner Regierung dabei zu helfen, das verlorene Vertrauen der BürgerInnen zurückzugewinnen. Die Bundesländer Hessen und Niedersachsen kündigten an, die Zuverlässigkeit der AKW-Betreiber zu prüfen. Und im Wendland besetzten am vergangenen Freitag VertreterInnen der BI und der Bäuerlichen Notgemeinschaft das Informationshaus der BLG mit der Forderung nach Aufklärung der Vorfälle sowie strafrechtlicher Verfolgung der Verantwortlichen. Der Stop des Planfeststellungsverfahrens für das Endlager Schacht Konrand in Salzgitter durch den niedersächsischen Landesminister Wolfgang Jüttner ist wohl mehr als Show-Effekt zu werten. Dennoch, was jahrelanger Widerstand der KernkraftgegnerInnen nicht schaffte, besorgen die Energieunternehmen selbst: Der vom Bund verhängte Stop für atomare Transporte gefährdet mittelfristig den Betrieb der AKW.

Noch können die Hamburgische Electricitäts-Werke AG ein neues Rekordergebnis verzeichnen: Ihr Jahresüberschuß stieg im letzten Jahr um 13,3 % auf 145 Mio. DM.

Nachdem makabererweise bei den als Friedenssymbol geltenden Tauben in Sellafield eine erhöhte Strahlenbelastungen, verursacht durch die friedliche Nutzung der Atomenergie, nachgewiesen wurde (LinX berichtete), stellte Greenpeace nun auch nuklear verseuchten Meeresboden vor der Küste der WAA Sellafield sicher. Die Werte seien so hoch, daß der Boden selbst sondergelagert werden müßte. Die Umweltorganisation fordert London auf, die Einleitungserlaubnis für nukleare Abfälle nicht zu erneuern.

Immerhin soll in Großbritannien die jüngst wegen illegaler Abfallschächte ins Gerede gekommene Wiederaufbereitungsanlage von Dounreay (vgl. KERNspalte 4/98) aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen werden ­ aufgrund von bestehenden Aufträgen leider jedoch erst in 8 Jahren.

(us)