Antimilitarismus

Mißhandelt und ohne Urteil inhaftiert

Prozeß gegen den Totalen Kriegsdienstverweigerer Torsten Froese

 Der Totale Kriegsdienstverweigerer Torsten Froese wurde am 23.6. während des Prozesses gegen ihn am AG Frankfurt/M. verhaftet. Er ist zum zweiten Mal wegen sog. Dienstflucht angeklagt. Bereits 1993 war er wegen seiner Gewissensentscheidung gegen jeden Kriegsdienst zu drei Monaten Freiheitsstrafe, ausgesetzt auf zwei Jahre Bewährung, verurteilt worden. Der Totalverweigerer wird nach § 53 Abs. 1 Zivildienstgesetz angeklagt, wonach sog. Dienstflüchtige mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht werden. Den "zivilen" Militärersatzdienst lehnt Torsten wegen seiner Einplanung in die zivil-militärische Zusammenarbeit der "Gesamtverteidigungskonzeption" der Bundeswehr und NATO ab.

Proteste an: Rupert von Plottnitz, Hessischer Minister der Justiz, Tel. 0611-320 (Sammelnr. der Landesregierung), Fax 0611-322763.

 

Solidarische Grüße an: Torsten Froese, z.Zt. JVA Weiterstadt, Vor den Löserbecken 4, 64331 Weiterstadt.

 

Weitere Informationen bei der: DFG-VK Hessen, Vogelsbergstraße 17, 60316 Frankfurt/M., Tel. 069-431440, Fax 069-4990007.

Obwohl Torsten Froese schon im Vorfeld wegen des zu erwartenden Andrangs um einen großen Sitzungssaal gebeten hatte, wurden im Saal lediglich 26 Sitze zur Verfügung gestellt, so daß über 20 BesucherInnen ausgeschlossen wurden. Allein vier Sitze im Publikumsbereich wurden von uniformierten Beamten besetzt, weitere Plätze von Polizisten in Zivil.

Richterin Mickerts weigerte sich, die Wahlverteidiger Jörg Eichler und Detlev Beutner (beide selbst erfahrene Totale Kriegsdienstverweigerer) zuzulassen. Ihnen wurde untersagt, in der Nähe Froeses Platz zu nehmen.

Zur Formulierung eines Befangenheitsantrags gegen Richterin Mickerts zogen sich Torsten Froese und seine Verteidiger in den Korridor zurück. Bevor sie ihre Anträge ausformuliert hatten, stürzten sich drei Justizbeamte auf den Angeklagten und zerrten ihn unter Anwendung überflüssiger Gewalt in Richtung Gerichtssaal. Als sie ihn zu Boden geworfen hatten, erhielten sie den Befehl, die Aktion abzubrechen. Gegen die Beamten wurde Strafanzeige wegen Körperverletzung im Amt angekündigt.

Zwei Minuten später erließ Richterin Mickerts Haftbefehl gegen Froese, der seine Arbeit an dem Antrag erneut unterbrechen mußte, gewaltsam in den Gerichtsaal gebracht, geschlagen, zu Boden geworfen und mit Handschellen gefesselt wurde. Die Richterin ließ den Saal gewaltsam räumen, wobei mindestens zwei Prozeßbesucher verletzt wurden. Wahlverteidiger Jörg Eichler wurde am Boden liegend so mißhandelt, daß er wegen einer Infraktion des Schlüsselbeins ins Krankenhaus gebracht wurde. Auch in diesem Fall wird Anzeige wegen Körperverletzung gegen den betreffenden Beamten erstattet. Der Prozeß wurde vertagt. Torsten Froese wurde am 24.6. in die JVA Weiterstadt gebracht.

Der Prozeß gilt als sog. "Doppelbestrafungsprozeß". Laut Artikel 103 Absatz 3 des Grundgesetzes darf niemand auf Grund derselben Tat mehrmals verurteilt werden. Diesen Grundsatz mißachtet allerdings die deutsche Strafjustiz, indem sie die Klage des Bundesamtes für den Zivildienst zugelassen hat. Nachdem die Staatsanwaltschaft am Landgericht Frankfurt/M. die Klage wegen der Gefahr der verbotenen Doppelbestrafung nicht zugelassen hatte, legte das BAZ Beschwerde ein. Woraufhin allerdings auch die Generalstaatsanwaltschaft am Oberlandesgericht Frankfurt/M. wegen der Gefahr des Verfassungsbruches die Beschwerde abwies. Erst durch ein ungewöhnliches "Klageerzwingungsverfahren" konnte dann das BAZ die Klage durch die Hilfe der Richterinnen und Richter am OLG Frankfurt/M. durchsetzen.

Wir fordern auf, gegen das Vorgehen der Frankfurter Justiz zu protestieren und die sofortige Freilassung von Torsten zu verlangen.

Die Öffentlichkeit des Verfahrens war nicht im ausreichenden Maß gewährleistet, offenbar mit Absicht angesichts der schon im Vorfeld eingebrachten Anträge des Angeklagten. Dem Angeklagten wurde untersagt, Verteidiger seiner Wahl zu bestimmen.

Besonders schockierend ist die Inhaftierung Froeses ohne Gerichtsurteil. Es ist eigentlich schon schlimm genug, daß in Deutschland Kriegsdienstverweigerer wegen ihrer Gesinnung ins Gefängnis kommen. Daß sich Richterin Mickerts noch nicht einmal der Mühe unterzieht, einen Prozeß durchzuführen und ein Urteil zu fällen und zu begründen, sondern gleich den Angeklagten hinter Gitter schickt, ist eine neue erschreckende Qualität der Gesinnungsjustiz.

(Pressemitteilung der DFG-VK Frankfurt/M. ­ leicht gekürzt)