Antimilitarismus

Offener Brief der Friedensbewegung:

Kein Öffentliches Gelöbnis in der Landeshauptstadt Kiel

Das Bundesministerium für Verteidigung beabsichtigt, am 18. August 1998 in der Landeshauptstadt ein "Öffentliches Gelöbnis" von Rekruten der Bundeswehr zu veranstalten: Mit der folgenden Stellungnahme wenden wir uns deswegen an die Landespolitiker, die für unser Bundesland Verantwortung tragen:

Staatliche Symbolsetzungen müssen auf ihren politischen Gehalt hin interpretiert werden. Öffentliche Gelöbnisse sind militärische Weihe-Handlungen, die ohne oder mit Waffenschau der Tradition imperialen Gehabes entstammen. "Öffentliche Gelöbnisse" sind pseudoreligiöse Kulthandlungen. Sie knüpfen an die irrationalen Verirrungen kriegerischer deutscher Vergangenheit an, in der das Bündnis von Thron und Altar, das "Gott mit uns" auf den Koppelschlössern der Uniformen einer religiösen Verklärung des Waffengebrauchs dienten, um Krieg - wie ungerecht und räuberisch er auch immer war - eine höhere Legitimation zu verleihen als allen anderen Diensten an der Gemeinschaft. Kein Rettungssanitäter, kein Feuerwehrmann wird dazu angehalten, in öffentlicher Feier seine Pflichttreue zu Geloben.

In einer Zeit, in der auf der globalen Tagesordnung steht

in einer Zeit aber, in der

in einer solchen Zeit muß die Öffentlichkeit von Gelöbnissen als Propaganda gewertet werden, die den militärischen Komplex als begrüßenswerten Bestandteil deutscher Politik ins Bewußtsein der Bevölkerung verfestigen soll. Für die Friedensbewegung und alle, die einem Leitbild ziviler Bürgergesellschaft verpflichtet sind, ist das eine nicht hinzunehmende Provokation.

Für Kiel markierte der Aufstand der Matrosen vom 3. November 1918 das Ende des wilhelminischen Militarismus. Der Nazi-Militarismus brachte der Stadt Zerstörung und Not und Tod. Es wäre für das Land Schleswig-Holstein und die Stadt Kiel eine Absage an ihre eigene Geschichte, wenn es gelänge, ausgerechnet an diesem historischen Ort die mehrfach niedergerungene militaristische Tradition zu glorifizieren.

Von einer rot-grünen Landesregierung, von einem sozialdemokratisch bestimmten Stadtparlament erwarten wir, daß sie sich des Engagements in der Friedensbewegung erinnern und der geplanten Veranstaltung eine Absage erteilen!

Prof. Dr. Friedrich-Wilhelm Wollenberg, Ammersbek; Nadja Kleinholz (ZAA - SH), Hamburg; Dr. Bettina Kreck, Kiel; Carola Wiltig, Kiel; Dr. Justus Grohmann, Kiel; Dr. Klara Erdei, Kiel; Günter und Marianne Wilke, Wedel; Imme und Prof. Dr. Heinz Schernikau, Schönberg (Lauenbg.); Siegried Gehlhaar, Neumünster; Volker Bethke, Pastor i. R., Bad Bramstedt; Dorothea und Wilhelm Bremer, Eutin; E. u. L. Knorr, Ffm. (z.Zt. Stormarn); Ingrid und Klaus Leffler, Eutin; Alfred Schulz, Landtagsvizepräsident i. R., Reinbek; Dr. med. Rainer Stephan, Oelixdorf; Jutta Jankowsky-Urban und Ralph Urban, Ärzte, Schwarzenbek; Prof. Dr. Ottmar Wassermann, Kiel; Reinhard Wolters, Pastor, Heikendorf; Margit Vesper-Grewe, Kiel; Archim Romeike, Raisdorf; Ingrid und Sönke Petersen, Kiel; Petra und Hans-Jürgen Wudtke, Kiel; Gabi und Bernd Krakowski-Ode, Kiel; Dr. Hanne-Margret Birkenbach, Kiel; Dr. Arend Wellmann, Kiel; Margitta Matties, Kiel; Heidrun Wessels, Kiel; Bernd Guss, Kiel; Johanna Stange, Kiel; Ursula und Karl-Heinz Tolkmit, Kiel; André Brethack, Kiel; Prof. Dr. Walter Westphal, Uni Kiel; Bernd Sorge (Betriebsrat), Kiel; Johannes Grube, Kiel; Günther Stammer, Kiel; Irmgard und Wolfgang Jasker, Wedel; Sylter Friedensforum; Dr. Wilhelm Wille, Borsfleth; Lore und Bernd Meimberg, Sirksfelde; Otti Rösler, Krukow; Wittigo Stubbe, Elmshorn; Klaus Otto, Kiel; Herbert Neumann-Schneider, Bornhöved; Hartwig Baumbach, Bargteheide, D. und B. Gerstmeier, Horst; Pfarrer Konrad Lübbert; Dr. Wolfgang und Heidi Beutin, Köthel; Benno Stahn, Kiel; Gundula Orth, Kiel; Brigitte und Wilhelm Reinhard, Kiel.