Internationales

Asienkrise:

Unschuldslämmer

Vettern- und Günstlingswirtschaft ist die Ursache für die asiatische Krise. Darüber gibt es an den Stammtischen der Banker und Broker zwischen Frankfurt und New York keine zwei Meinungen. Ungern spricht man hingegen davon, daß Länder wie Südkorea oder Thailand vor der Krise einzigartig solide Staatsfinanzen aufzuweisen hatten, was sie ohne weiteres zu Spitzenreitern untern den Euro-Anwärtern hätte machen können. Das paßt nämlich nicht so ganz ins neo-liberale Weltbild. Außerdem müßte man dann ja vielleicht auch darüber reden, wer eigentlich den privaten Unternehmen die Kredite aufgeschwatzt hat, ohne viel nach Sicherheiten zu fragen. Jene Kredite, die später "faul" wurden und deshalb vom Staat übernommen werden mußten. (Von wem denn auch sonst? Sollten etwa die Kredithaie selbst die Folgen tragen?)

Nein, deartige Fragen möchte man sich lieber nicht stellen und - bitte schön - auch nicht gestellt bekommen. An der Krise, das ist vollkommen klar, sind die Asiaten selbst schuld. Die mit ihrem undurchschaubarem Rechnungswesen und all der staatlichen Einmischung. Die sollten mal lieber freie Unternehmer ranlassen.

So oder so ähnlich muß man sich das auch bei der Deutschen Bank und der Commerzbank gedacht haben, als man Ende letzten Jahres in China neue Wege der Kreditvergabe beschritt. Die Pekinger Regierung hatte - das Beispiel ihrer krisengeschüttelten Nachbarn vor Augen - angefangen, der Auslandsverschuldung chinesischer Unternehmen einen Riegel vorzuschieben.

Doch in Frankfurt war man schlauer. Statt sich eine amtliche Genehmigung zu holen, handelten sie mit dem (staatlichen) chinesischen Metallurgie-Kombinat CNNC einen fiktiven Deal aus. Die beiden Banken kauften bei CNNC für 80 Mio. US-Dollar Aluminium ein, das sechs Monate später für einen vorher festgelegten höheren Preis zurückzukaufen war. Der Preisanstieg entspricht dabei den Kreditzinsen. Alles ganz legal. Die Gesetzeslücke, die man sich zu Nutze machte, wurde erst später geschlossen.

Bei der Pekinger Aufsichtsbehörde war man allerdings sauer, als die Sache ruchbar wurde. Als Mitte Juni der Kredit - Pardon, der Rückkauf - fällig wurde, wies sie daher die Nachfolger des inzwischen entflochtenen CNNC an, nur die ursprünglichen 80 Mio. Dollar zu zahlen. Doch das wiederum wollten die deutschen Banker sich nicht gefallen lassen. Nach einigem hin und her hat man sich jetzt irgendwo in der Mitte geeinigt. Wo genau das ist, ist Bankgeheimnis, aber wahrscheinlich wird es sich um eine deutsche Mitte handeln, die ja bekanntlich sehr kapitalnah ist.

Was wäre wohl geschehen, fragt man sich bei dieser Geschichte, wenn die Regierung eines weniger starken Landes so mit dem deutschen Allerheiligsten umgegangen wäre? Ob die dann mal wieder ein "Wir werden euch das Rückgrat brechen!" zu hören bekommen hätte?

(wop)