Antimilitarismus
Am Jahrestag der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki (6.8.) hatten nun schon zum zwölften Mal die Kieler Friedensinitiativen in den Hiroshimapark zum Gedenken an die Opfer und zum Protest gegen die nach wie vor bestehende Bedrohung durch Nuklearwaffen eingeladen. Wohl durch das am 18.8. auf dem in unmittelbarer Nähe zum Ort des Gedenkens liegenden Rathausplatz geplante Öffentliche Gelöbnis der Bundeswehr und den Widerstand dagegen beteiligten sich weitaus mehr Menschen als im letzten Jahr. Der Protest gegen das Gelöbnis stand jedoch nicht im Vordergrund der Veranstaltung.
Stadtpräsidentin Cathy Kietzer beim Hiroshima-Gedenktag (Foto: jm) |
Gespannt sein durfte man auf das Grußwort der neuen Stadtpräsidentin Cathy Kietzer. Während ihre Vorgängerin Silke Reyer durch ihr Engagement im Hiroshima-Arbeitskreis den Widerstand gegen die atomare Bedrohung und die Kieler Friedensbewegung deutlich gestärkt hatte, ist Kietzer nunmehr Präsidentin eines Stadtparlaments, dessen SPD-Mehrheitsfraktion ganz auf der Linie ihres Oberbürgermeisters einen anderen Kurs verfolgt, nämlich Stärkung des Marinestandorts Kiel und "Rüstung für Arbeitsplätze"-Propaganda für die bundesdeutsche Militärmaschinerie. Dennoch trat Kietzer zumindest am Mikrofon in die Fußstapfen ihrer Amtsvorgängerin. Ihre Warnung vor der nach wie vor bestehenden Gefahr durch Atomwaffen war eindeutig. Der Gruß vom Oberbürgermeister, den sie überbrachte, war jedoch nicht mehr als ein höfliches Lippenbekenntnis. Den Hauptredebeitrag hielt die Hamburger Gynäkologin Dr. Dorothea Wagner-Kolb vom IPPNW (Internationale Ärzte gegen den Atomkrieg). Sie knüpfte an die jüngsten Atomtests in Indien und Pakistan an und wies darauf hin, daß diese erneut zeigten, daß trotz des Nichtverbreitungsvertrages die Verbreitung von Bombentechnologie in den letzten Jahren eher zugenommen hat. Auch das Urteil des Internationalen Gerichtshofes, das nicht nur den Einsatz, sondern auch die Drohung mit dem Massenvernichtungsmittel Atombombe ächtet, sei nichts als ein Papiertiger. Der Urteilsspruch sei in der Politik nicht umgesetzt worden. Noch immer gebe es keine Atomwaffenkonvention, die international verbindlich Atomwaffen ächte. Das Mindeste, was man von einer neuen SPD-geführten Bundesregierung fordern müsse, sei ein deutliches Drängen auf den Abschluß einer solchen Konvention. Daß eine Schröder-Regierung diese Forderung erfüllen würde, schien Wagner-Kolb aber selbst nicht so recht zu glauben. So wird wohl auch nach einem Regierungswechsel in Bonn/Berlin "die atomare Gefahr bedrohliche Ausmaße" behalten, denn die deutsche Nuklearindustrie verdient nicht schlecht am Export von auch bombenrelevantem Know-how. Der Friedensbewegung wird wenig übrig bleiben, als jedes Jahr zum Jahrestag erneut Veränderungen zu fordern - weitgehend wirkungslos. |
(jm)