Antimilitarismus

Dokumentiert:

Atomare Bedrohung besteht fort

Zu den diesjährigen Jahrestagen der Atombombenabwürfe auf Hiroschima und Nagasaki am 6. und 9. August 1945 erklärt die NaturwissenschaftlerInnen-Initiative "Verantwortung für Friedens- und Zukunftsfähigkeit":

Die Atomtests, die Indien und Pakistan vor wenigen Monaten durchführten, haben mehr als ein halbes Jahrhundert nach dem bisher ersten und einzigen militärischen Einsatz von Atomwaffen in schrecklicher Weise bestätigt, daß die Welt mit dieser wissenschaftlich-technischen Entwicklung nicht sicherer geworden ist. Nachdem sich diese beiden asiatischen Staaten schon jahrzehntelang konventionell hochgerüstet gegenüberstehen, droht nun auch ein atomarer Rüstungswettlauf, dessen Auswirkungen keineswegs nur auf die Region beschränkt sind. Gleichzeitig bedeutet die Tatsache, daß es nun acht erklärte Atomwaffenstaaten gibt, auch, daß die Politik der Nichtweiterverbreitung, die die bisherigen Atomwaffenstaaten betrieben haben, als gescheitert angesehen werden muß: Die behauptete Absicht, mit dem alleinigen Atomwaffenmonopol eine weitere Ausbreitung dieser Massenvernichtungswaffen zu verhindern, war aber schon dort in sich widersprüchlich, wo die gleichen Atomwaffenstaaten zusammen mit anderen Ländern durch den Verkauf von Technologie und Know-how Nationen wie Indien, Pakistan und Israel überhaupt erst in die Lage versetzt haben, eigene Atomwaffen zu entwickeln. Eine Entwicklung weiterer Staaten zu Atomwaffenstaaten ist möglich und technologisch und militärisch nicht verhinderbar.

Als Naturwissenschaftler wissen wir, daß wissenschaftliche Entdeckungen sich nicht zurückerfinden lassen. Wir tragen aber eine Mitverantwortung dafür, was mit diesen Entdeckungen geschieht. An der Schwelle zum nächsten Jahrtausend stehen wir insbesondere in der Verantwortung, dazu beizutragen, daß diese Welt in Zukunft sicherer wird und ein menschenwürdiges Leben erhalten bleibt. Dieser Anspruch, der uns zugleich Verpflichtung ist, ist aber unvereinbar mit der weiteren Existenz von Massenvernichtungswaffen.

Anläßlich der Jahrestage der Atombombenabwürfe auf Japan rufen wir deswegen erneut dazu auf, einen internationalen Abrüstungsprozeß zu organisieren - mit dem konkreten Ziel, gemäß den Forderungen des Internationalen Gerichtshofes die Drohung mit und den Einsatz von Atomwaffen unmöglich zu machen und diese Waffengattung schließlich völlig zu eliminieren. Wir sehen uns in dieser Forderung besonders ermutigt und bestätigt durch die gemeinsame Erklärung Brasiliens, Ägyptens, Irlands, Mexikos, Neuseelands, Sloveniens, Südafrikas und Schwedens, die sich für die Abschaffung aller Atomwaffen ausgesprochen und konkrete Schritte vorgeschlagen haben.

Die Möglichkeit, sofort Verhandlungen über eine Nuklearwaffenkonvention zu beginnen, erscheint uns dabei als der naheliegendste Weg, die völlige atomare Abrüstung sofort in die Wege zu leiten. Eine UN-Weltkonferenz über "Nuklearmächte und Menschlichkeit" ist ein konkreter Vorschlag, das Jahr 1999 - kurz vor der Jahrtausendwende - ein geeignetes Datum.

Die deutsche Bundesregierung fordern wir dazu auf, gemeinsam mit anderen Nichtatomwaffenstaaten innerhalb der Vereinten Nationen eine Europäische Initiative zu starten, die den unverzüglichen Beginn von Verhandlungen über eine Nuklearwaffenkonvention praktisch unterstützt.

(Dortmund, den 5.8.98 - NaturwissenschaftlerInnen Initiative Verantwortung für Friedens- und Zukunftsfähigkeit)