Internationales

Streik gewaltsam beendet

In Südkorea hat Mitte vorletzter Woche Bereitschaftspolizei mit massiver Gewalt die Besetzung von sieben Werken des Autozulieferers Mando beendet. 14.000 Polizisten stürmten am Donnerstagmorgen unterstützt von Hubschraubern und Wasserwerfern in mehreren Städten im Südosten des Landes Mando-Betriebe, die von den Arbeitern seit 18 Tagen besetzt gehalten wurden. Augenzeugen berichten, daß in etwa zeitgleich um 6 Uhr früh Hubschrauber über den verschiedenen Werken erschienen und die Arbeiter zum Verlassen der Gelände aufforderten. Unmittelbar danach habe der Sturm mit Tränengasgranaten und Wasserkanonen begonnen. Gegen die gut ausgerüstete Übermacht haben die Arbeiter trotz heftiger Gegenwehr nichts ausrichten können. Über tausend wurden vorübergehend festgenommen. Ein Arbeiter erlitt schwere Verletzungen, als er von einem Dach stürzte.

Mitte August hatten sich Mando-Management und -Konzerngewerkschaft, die Mitglied im kämpferischen Dachverband KCTU (Koreanische Gewerkschaftsförderation) ist, darauf geeinigt, daß es keine Entlassungen geben würde. Im Gegenzug akzeptierte die Gewerkschaft die Streichung von Zulagen wie das betriebliche Schulgeld für die Kinder der Arbeiter und eine auf drei Monate befristete Lohnkürzung um 30%. Auch eine Kampagne für freiwilliges Ausscheiden aus dem Betrieb war man bereit zu schlucken. Das Unternehmen war zu der Zeit bereits Löhne von etwas über 6.000 DM pro Arbeiter schuldig.

Doch trotz des Entgegenkommens der Gewerkschaft beschloß das Management, 1.090 der 4.200 Beschäftigten zu entlassen und die Löhne um 5% zu kürzen. Darüberhinaus wollte das Unternehmen, daß die Arbeiter 200% des monatlichen Bonus zurückzahlen und auf bezahlten Urlaub verzichten. Zu Verhandlungen war man nicht bereit. Im Gegenteil: Forderungen der Gewerkschaft, über die Zahlung der ausstehenden Löhne und Gehälter sowie die Sicherung der Arbeitsplätze durch Verkürzung der Arbeitszeit zu verhandeln, beantwortete man damit, daß am 29.8. der Verhandlungsführer und Gewerkschaftsvorsitzende Hwang Seong Geun verhaftet wurde.

Streikende in Seoul (Foto: Ana Enriquez)

Beim Seouler Zentrum für Internationale Solidarität (PICIS), einem linken Informationsdienst, sieht man in dem Vorgehen von Unternehmensleitung und Behörden einen Versuch, die Gewerkschaften zu zerschlagen. Die Krisenfolgen sollen, so ein PICIS-Sprecher, einseitig auf die Schultern der Arbeiter abgewälzt werden, obwohl das korrupte Management an den Problemen des Konzerns die Schuld trage. Die Leitung hatte das Unternehmen in die gegenwärtige Lage gebracht, indem es an ein anderes Unternehmen der Firmengruppe einen Kredit in Höhe von ca. einer Mrd. DM vergeben hatte. Ein bis vor kurzem in dem ostasiatischen Land mit seinen Chaebols genannten Industriekonglomeraten durchaus übliches Verfahren, das wesentlich zur Überschuldung der Wirtschaft beigetragen hat.

Während Unternehmerverband FKI und konservative Presse die gewaltsame Auflösung des Streiks begrüßen und hoffen, daß Massenentlassungen jetzt einfacher durchzusetzen sein werden, berichtet KCTU-Sprecher Yoon Youngmo, daß die Proteste der Arbeiter an verschiedenen Standorten weitergehen. Die Verhaftungen seien nicht die ersten gewesen. Insgesamt 53 Gewerkschaftsfunktionäre säßen derzeit in Haft oder würden mit Haftbefehl gesucht. Unter den im letzten Monat amnestierten politischen Gefangenen sei kein einziger Gewerkschafter gewesen.

Auch beim Automobilhersteller Hyundai in Ulsan schwelt der Konflikt um Entlassungen weiter. Ein Ende August ausgehandelter Kompromiß zwischen Gerwerkschaftsführung und Konzernspitze, der nach erbitterten Auseinandersetzungen zustandekam und erstmalig die Zustimmung einer Gewerkschaft zu Entlassungen beinhaltete (LinX berichtete), wurde in einer Urabstimmung zurückgewiesen. Bei einer Beteiligung von 94,4% stimmten 17.123 Arbeiter, d.h. 63,6%, am Dienstag vergangener Woche gegen das Verhandlungsergebnis. Allerdings hat das Abstimmungsresultat keinen direkten Einfluß. Die Unternehmensleitung sieht die Verhandlungen als abgeschlossen an, und auch das Arbeitsministerium ließ sofort verkünden, daß das Abkommen trotzdem gültig sei, da die Gewerkschaftsführung ein Mandat gehabt habe. Das in Südkorea übliche Verfahren sieht nun vor, daß der Vorstand zurücktritt und die Mitglieder eine neue Leitung wählen, die dann weitere Kampfmaßnahmen vorbereitet. Ob das geschehen wird, stand bei Redaktionsschluß noch nicht fest.

(wop)