KERNspalte

Das Kieler Energieministerium hat im Dezember eine Umrüstungsgenehmigung für das AKW Brunsbüttel erteilt. Mit der vom Betreiber HEW geplanten Umrüstung wird das Sicherheitsniveau des Reaktors steigen. Für mehrere Millionen DM sollen Frischdampfleitungen und Speisewasserrohre sowie Frischdampfisolationsventil-Gehäuse ausgetauscht werden. Durch einen Werkstoffwechsel soll es weniger Schweißnähte geben. Die Umrüstung wird vermutlich im Rahmen der nächsten Revision des AKW im März durchgeführt. Aus dem Energieministerium verlautet, daß die Genehmigung der Umrüstung nicht zwangsläufig eine Verlängerung der Laufzeit bewirke. Die rosa-grüne Regierung in Hamburg hatte darauf gesetzt, daß man dem AKW die Betriebsgenehmigung wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit entziehen könne. Die HEW aber meint, mit der Umrüstung steige auch die Wirtschaftlichkeit. So könnte es sein, daß die Genehmigung der Umrüstung ein endgültiges Abschalten des AKW Brunsbüttel erneut verzögert oder unmöglich macht.

Auch beim AKW Krümmel tut sich wieder etwas. Am 16.12. startete von dort ein Castortransport zur Wiederaufarbeitung, sprich Multiplizierung des radioaktiven Mülls, nach Sellafield. 150 Demonstrierende hatten sich spontan in Bergedorf eingefunden und konntn den Transport kurzzeitig aufhalten. Die Polizei war mit einem massiven Aufgebot präsent, auch dort wo sich gar keine Demonstranten zeigten. In Maschen wurde der Transport zusammen mit einem Castor aus Brokdorf an einen Regelgüterzug gehängt und fuhr die übliche Strecke über Buchholz und Bremen.

Mehr AktivistInnen gegen den Castor-Wahn wird es wohl erst wieder in Gorleben bei den Rücktransporten der Castoren ins Endlager geben. Hier darf mensch abzählen: er kommt, er kommt nicht, er kommt doch, er kommt noch nicht: Am 7.1. hieß es aus dem niedersächsischen Innenministerium: 1998 kein Atommüll-Transport nach Gorleben. Am 8.1. rechnete man dagegen im Zwischenlager Gorleben fest mit einem Transport. Laut Geschäftsführer der BLG stünden vier Castoren in La Hague abfahrbereit, der Antrag auf Transportgenehmigung sei in Salzgitter bereits gestellt. Am 9.1. sagte ein Sprecher des Innenministeriums in Hanover auf Anfrage, erst nach der Bundestagswahl, frühestens im Oktober, seien Castor-Transporte nach Gorleben denkbar, vorher werde es nach Einigung zwischen Bundes- und Landesregierung keine Transporte nach Gorleben geben.

Am 3./4. Januar fand in Dannenberg (Wendland) eine Internationale Anti-Atom-Konferenz statt. Menschen aus Osteuropa, Frankreich und England nahmen an einem Informations- und Erfahrungsaustausch teil. Auch aus atomkraftwerksfreien Ländern wie Dänemark und Österreich nahmen VertreterInnen teil. Ein Vertreter aus La Hague berichtete über die dortige, aus den 50er Jahren stammende WAA: Sie sei nach deutschem Atomrecht nicht genehmigungsfähig. Die Radioaktivität der Abwässer liege über zweitausendfach über den genehmigten Grenzwerten. In der Umgebung der WAA sei eine gegenüber anderen Regionen Frankreichs dreifach erhöhte Leukämierate nachgewiesen worden. Eine Vertreterin aus Sellafield nannte als Ziel der Kpnferenz, den gemeinsamen internationalen Druck auf die Atom-Lobby zu erhöhen. Die Anti-AKW-Arbeit müsse international stärker vernetzt, z.B. müßten Transporte schon auf dem Weg blockiert werden.

Apropos Druck: Die technischen Planungen für den europäischen Druckwasserreaktor (EPR) sind abgeschlossen, d.h. das standortunabhängige Genehmigungsverfahren wird schon 1998 eingeleitet.

Noch in Erinnerung - Die Bilder von Adi Lambke, einem älteren wendländischen Bauern, der beim Castortransport am 7.5.1996 von der Polizei von seinem Traktor heruntergeprügelt wurde? Das Verfahren gegen Lambke (!) vor dem Dannenberger Amtsgericht wurde jetzt eingestellt. Begründung: Geringe Schuld des Angeklagten. Laut Vertreter der Staatsanwaltschaft habe Lambke den Tatbestand der Nötigung schon selbst eingeräumt. Das war passiert: Ein leerer Tieflader auf dem Weg zum Verladebahnhof war von sitzenden Blokierenden gestoppt worden. Als die Blockade geräumt werden sollte, stellte der Bauer seinen Traktor vor einen Wasserwerfer. Der Konvoi wechselte daraufhin die Fahrbahn. Obwohl der Konvoi so voran kam, versuchte die Polizei ohne Kommunikationsversuch sofort, den Fahrer vom Traktor zu holen, der sich mit einer Stange zur Wehr setzte. Die Beamten gebrauchten Schlagstöcke. Ergebnis: Schädelprellung und Blutergüsse und Prellungen am Körper, ein zertrümmertes Fenster am Traktor (4.000 DM Schaden) und eben jene Anklage wegen versuchter Körperverletzung, Widerstand und Nötigung. Ein Videofilm über den Vorfall, wovon auch Ausschnitte im Fernsehen zu sehen waren, wird von der Polizei zu Ausbildungszwecken genutzt!

(us, jm)