Kommentar

Leistungsfähiger Kapitalismus

Seit Jahren sind sie der Apologeten des Kapitalismus liebste Kinder: die ostasiatischen Tigerstaaten. Anschauliches Beispiel dafür, daß der Kapitalismus eben doch ein Entwicklungsmodell für den ganzen Erdball zu bieten hat. In den 70ern spielten Brasilien, Argentinien und einige andere lateinamerikanische Staaten die gleiche Rolle in der Propaganda des Westens, kamen aber in Folge der internationalen Schuldenkrise der 80er aus der Mode. "Irgendwie" eigneten sie sich nicht mehr so recht zum Vorzeigen. Stattdessen verordnete der Internationale Währungsfond (IWF) den Regierungen von Buenos Aires bis Mexiko-City Sparprogramme, die die Armut drastisch verschlimmerten und Gesundheits- und Bildungssystem verheerten.

Jetzt sind die nächsten dran. Thailand, Südkorea, die Phillipinen und Indonesien kämpfen mit drastischen Abwertungen ihrer Währungen, Taiwan, Honkong und Singapur sind in akuter Gefahr, mit in den Strudel gerissen zu werden. Die Wachstumsprognosen wurden für diese Staaten bereits deutlich nach unten korrigiert, und selbst die USA und Japan werden die Auswirkungen zu spüren bekommen.

Besonders hart trifft es Südkorea, das am Tropf des IWF hängt. 56 Mrd. US-Dollar bekommt es kurzfristig geliehen, damit es nicht die Zahlungsunfähigkeit erklären muß. Der Preis ist hoch, und die Töne, die der IWF anschlägt, gehören zur altbekannten Melodie: Privatisieren, Liberalisieren, Staatsausgaben kürzen. Dabei haben die Seouler Regierungen der letzten Jahre einen durchaus soliden Haushalt vorzuweisen. Die Schulden, die jetzt ins Uferlose angewachsen sind, gehen nicht auf das Konto der Regierung, sondern der großen Konzerne. Die haben - an chronischer Kapitalnot leidend - an Krediten aufgenommen, was zu kriegen war. Und die westlichen Gläubiger - allen voran mal wieder die BRD-Banken - haben gegeben, ohne lange nach Sicherheiten zu fragen. Die Suppe darf jetzt der (südkoreanische) Staat auslöffeln, d.h. die Menschen die vom Staatshaushalt abhängen, und die Arbeiter, deren Rechte und Löhne, so eine IWF-Forderung, beschnitten werden sollen. Das europäische und amerikanische Kapital hingegen wird für seine Leichtfertigkeit doppelt belohnt: Es bekommt weiter die Kredite zurückbezahlt und erzwingt gleichzeitig die Öffnung der Seouler Börse. Der Ausverkauf kann beginnen.

In Vietnam hat unterdessen die KP sich einen neuen Generalsekretär gewählt. Le Kha Phieu heißt er. Die "Financial Times" charakterisiert ihn als "obskur", da er noch im letzten Jahr vorhergesagt habe, der Kapitalismus werde ersetzt werden. Wo der doch gerade wieder seine Leistungsfähigkeit demonstriert!

(wop)