Aus dem Kieler Rat

Kommission fürs Kaputtsparen

SPD fordert Einrichtung einer Haushaltskonsolidierungskommission

Schon in den Debatten um den Kieler Haushalt '98 (Ratsversammlung vom 11./12.12.97) hatte SPD-Fraktionsvorsitzender Eckehard Raupach eine Kommission gefordert, in der unter Mitwirkung aller Fraktionen Maßnahmen zur Konsolidierung des Haushalts erarbeitet werden sollen. Die Opposition im Rat hatte den Vorschlag als "scheinheilig" verworfen, und der SPD vorgehalten, man könne nicht einerseits gegen den Vorschlag des eigenen OB Posten in den Haushalt wieder einstellen, die dessen Defizit aufblähten, und andererseits eine solche Kommission fordern. Zudem gebe es schon längst eine entsprechende Arbeitsgruppe, deren Vorsitzender Raupach sei, sie aber bisher noch nie einberufen habe.

Comic: Volker Sponholz

Der Haushalt ist verabschiedet, und der Kommunalwahlkampf wirft seine Schatten voraus. So brachte die SPD am 15.1. den Antrag nochmals ein, nicht zuletzt, um ihren Sparwillen zu demonstrieren. SUK und CDU reagierten entsprechend genervt und konnten diese Vorrunde zum Wahlkampf rhetorisch für sich entscheiden, wenn auch der Antrag mit den Stimmen von Rosa-Grün angenommen wurde. Bernd Petersen (SUK) bezeichnete den SPD-Antrag als "Showantrag", und Arne Wulff (CDU) legte nach, es sei wohl sinnvoller, die SPD richte eine parteiinterne Arbeitsgruppe ein, um den Streit zwischen Fraktion, Partei und OB zu schlichten. "Für uns ist das eine große Kasperei", so Wulff weiter. "Machen Sie lieber konkrete Vorschläge zu Einsparungen und legen Sie endlich die Karten auf den Tisch, wo Sie bei den freiwilligen Leistungen sparen wollen!" Raupach vermochte darauf nur beleidigt zu antworten, "alle hier im Raum sollten auf ihr Pharisäertum verzichten und auch das gegenseitige Aufrechnen einstellen".

Doch nicht die Einrichtung der Haushaltskonsolidierungskommission ist der wahre Stein des Anstoßes. Der Skandal ist, was sie laut SPD-Antrag erarbeiten soll. Die Wunschliste liest sich wie ein Katalog neoliberaler Deregulierung und könnte komplett aus der Feder von CDU und SUK stammen: "Überprüfung der Notwendigkeit freiwilliger Leistungen und der Wahrnehmung von Pflichtaufgaben auf kostengünstige Lösungen. Entwicklung von Vorschlägen über mögliche wirtschaftliche Wahrnehmung von Aufgaben und Einrichtungen durch Private. Entwicklung von Konzepten zur Kooperation von Firmen und Privaten mit der Stadt." In Klardeutsch: Kaputtsparen freiwilliger sozialer Leistungen, Privatisierung, wo es denn geht.

Zwischen SPD und Opposition besteht also kein Unterschied im "Ob" des Kaputtsparens und Privatisierens, sondern lediglich im "Wie". Insofern ist die von der SPD geforderte Kommission in der Tat "scheinheilig", wenn auch in ganz anderem Sinne, als CDU und SUK meinen. Die SPD versucht mit derartigen Manövern den Spagat zwischen der scheinbaren Aufrechterhaltung ihres "sozialen" Anspruchs und der Möglichkeit, bei der Kommunalwahl dort Stimmen abzufischen, wo die neoliberale Propaganda von CDU und SUK bereits gefruchtet hat, und sich somit als besserer Sparer darzustellen.

Und die Bündnisgrünen? Schon in der Dezember-Ratsversammlung attestierte ihnen Arne Wulff (CDU), daß sie "sich im Zweifel mehr Gedanken über das Strukturdefizit als die SPD" machen. Diesem vermeintlichen Lob entsprechend freuen sich jetzt die Bündnisgrünen über die Zusammenarbeit mit der CDU in der Kommission fürs Kaputtsparen. Lutz Oschmann kommentierte die Bereitschaft der CDU, in der Kommission mitzuarbeiten, mit den aussagekräftigen Worten: "Das finden wir gut." Weiter führte Oschmann aus: "Wir unterstützen jede vernünftige Maßnahme zur Haushaltskonsolidierung." Fragt sich nur, was und in wessen Sinne "vernünftig" ist.

(jm)