Aus dem Kieler Rat

"Recht und Ordnung" gegen Aubrook

"Die Ratsversammlung beauftragt den Oberbürgermeister, das Gebiet Aubrook 100 mit geeigneten Mitteln zu räumen und das Gebiet seiner vorgesehenen Nutzung zuzuführen." Mit diesem kurzen Antragstext versuchte die CDU-Ratsfraktion wiedereinmal, einen ihrer Dauerbrenner passend zu landläufigen Wahlkampfthemen aufs Parkett des Ratssaals zu bringen. Was Ratsherr Jens Moriz dabei in seiner mündlichen Begründung verlauten ließ, war das das ebenso bekannte Sammelsurium aus Infamitäten des Kleinbürgerhasses auf ihm nicht vorstellbare Lebensformen: Hier werde ein wertvolles Gelände "kostenlos für Aussteiger zur Verfügung gestellt." Es herrschten "rechtswidrige Zustände", die Bewohner hausten in "Hütten, Bauwagen und Erdlöchern", und aus "diesem Unrecht" könne "kein Vertrag Recht machen". Vielmehr drohe ein Präzedenzfall, wenn "Bauten ohne Genehmigungen" nachträglich legalisiert würden. Moriz und die CDU wollen statt solcher "unhaltbaren Zustände" am Aubrook ein Kleingartengelände einrichten. Und sogar für die "geeigneten Mittel zu räumen" hatte Moriz schon konkrete Vorstellungen: "So wie beim alten Sophienhof die Häuser geräumt wurden. Das ist ruhig und vernünftig abgelaufen."

Bis auf seine eigene und die SUK-Fraktion erntete Moriz für diese Tiraden aus den übrigen Reihen vor allem Kopfschütteln. In einem Hearing hatten sich Rat und Verwaltung jüngst mit den BewohnerInnen ausgetauscht und eine einvernehmliche Lösung angestrebt. Edina Dickhoff, Fraktionsvorsitzende der Bündnisgrünen, nannte das ein "Modell für den Umgang mit sozialen Problemen". Überdies kritisierte sie, daß die CDU "Menschen, die nicht so leben wie Sie" für den Wahlkampf benutze und dabei auch noch ihr "umweltpolitisches Gewissen" entdecke. In der Antragsbegründung hatte es geheißen, die "Müll- und Umweltsituation in diesem Gebiet" müsse geregelt werden. Ähnlich kritisch über die durchsichtigen Wahlkampfabsichten der CDU hatte sich vorher Ratsfrau Lindner (SPD) geäußert. Sie rechnete der CDU ferner vor, daß es noch gar keinen Nutzungsplan für den Aubrook gebe, somit auch die geforderte "Zuführung zur vorgesehenen Nutzung" unsinnig sei.

Als Antwort mochte noch einmal SUK-Fraktionsvorsitzender Kottek "Recht und Ordnung" beschwören. Der OB solle sich vor seine Amtsleiter stellen, die "in treuer Pflichterfüllung" am Aubrook weitgehend vergeblich "Recht und Ordnung durchzusetzen versuchten". Auch Jens Moriz sah sich zu einem weiteren Erfahrungsbericht mit "Aussteigern" genötigt. Neulich habe er das Christiana-Viertel in Kopenhagen besucht. Da könne man studieren, "wo sowas hinführt". Auf der Straße werde "grüner Afghane oder wie das heißt" verkauft (Anm.: Es gibt nur schwarzen Afghanen - jm) und "offen und unbehelligt" werde "Hanf angebaut". Wohl auch ob dieser hahnebüchenen Redebeiträge wurde der Antrag mit den Stimmen von SPD und Bündnisgrünen dahin befördert, wo er hingehört - in den Papierkorb.

(jm)