Bundestagswahl

Kieler Ergebnisse

Gäbe es in Deutschland ein reines Mehrheitswahlrecht, dann hätte die SPD jetzt eine ziemlich komfortable Mehrheit und ein gewisser H. Kohl (CDU) aus Oggersheim könnte in der nächsten Legislaturperiode keine Parlamentsstühle mehr breit sitzen. In Schleswig-Holstein bekamen die Christdemokraten kein einziges Direktmandat, ganz anders als vier Jahre zuvor. Da hatten sie noch neun von elf bekommen.

Auch in Kiel wurde erwartungsgemäß der Gansel-Nachfolger Hans-Peter Bartels gewählt. Der konnte sogar - obwohl kaum bekannt - König Norberts letztes Ergebnis um 2,2% verbessern. Aber, wie sagte doch ein behördlicher Statistiker? In Kiel kann die SPD auch einen Dackel aufstellen.

Bei den Zweitstimmen hat die SPD noch deutlicher dazugewonnen: 3,7%. Die Grünen verloren hingegen 1,7% oder rund 3.000 Stimmen, so daß der Zugewinn des künftigen Regierungslagers eigentlich recht mäßig ausfiel. Die Wahlbeteiligung ist übrigens zum zweiten Mal hintereinander leicht gestiegen, nachdem sie in den 80ern kontinuierlich gesunken war.

Die CDU hat auch in Kiel reichlich Federn gelassen. Selbst in ihren Hochburgen hat sie ordentlich verloren. Besonders auffällig der Bezirk 18, der die nördlichen Teile Düsternbrooks umfaßt. Hier schnellte die Wahlbeteiligung um rund 30% nach oben, was jedoch ausschließlich der SPD zugute kam. Hat da ein Teil der Kieler Bourgeoisie in Schröder einen neuen Hoffnungsträger gefunden?

Im Gegensatz dazu ist die Wahlbeteiligung in Gebieten mit armer Bevölkerung eher noch gesunken, z.B. in vielen Gaardener Bezirken oder im Bezirk 100 am unteren Ende der Rendsburger Landstraße, wo sie um rund 14% auf unter 50% sackte.

Die Nazi-Parteien DVU (1.465, 1%), NPD (214, 0,1%) und Rep. (708, 0,4%) haben zusammen 2.387 Stimmen bekommen, eine Zahl, die unter den gegebenen Umständen erfreulich niedrig ist, auch wenn sie vor zehn Jahren noch Alarm ausgelöst hätte. 1994 waren nur die REP angetreten und hatten 1.637 (Zweit-) Stimmen erhalten. Die Stimmen verteilen sich relativ gleichmäßig über die Wahlkreise, geringfügige Häufung gibt es in einigen Gaardener und Mettenhofer Bezirken.

Interessante Entwicklungen gibt es in der Wählerschaft der PDS, die 0,5% und 500 Stimmen hinzugewonnen hat (3.452, 2,4%). Die Schwerpunkte liegen in Bezirken mit enger, alter Bebauung, in denen der ärmere Teil der Bevölkerung lebt, z.B. im nördlichsten Teil der Wik (4,5%), zwischen Wilhelmsplatz und Westring (4-4,5%) und um den Papenkamp herum. Im Gaardener Zentrum liegt die Partei fast durchweg über 5%. Kieler Spitzenreiter ist mit 7,3% das Karree zwischen Kirchenweg und Preetzerstraße. Während die demokratischen Sozialisten hier überall deutlich zulegten, hatten sie in ihren bisherigen "Hochburgen" um die Uni herum zum Teil sogar Einbußen. Dort gab es maximal 3,8%, im Stinkviertel nur noch 2,5% (-1,9%). Auch in der ehemaligen DKP-"Hochburg" Dietrichsdorf blieben alle Ergebnisse unter 3% und waren z.T. sogar unterdurchschnittlich.

(wop)