Internationales

Südkorea:

Gegen die Logik des Profits

Anfang September fand in Südkoreas Hauptstadt Seoul eine internationale Konferenz gegen Neoliberalismus und IWF-Diktat (Internationaler Währungsfond) statt. Aus 15 Ländern waren ca. 35 Gewerkschafter und Umweltschützer gekommen, um mit südkoreanischen Aktivisten der verschiedenen sozialen Bewegungen zu diskutieren, zu feiern und zu demonstrieren. Eingeladen hatte der Gewerkschaftsdachverband KCTU (Korean Confederation of Trade Unions), die Jugend-Umweltorganisation KEY und PICIS, eine Gruppe, die sich die neuen Medien zu Nutze macht, um einen linken internationalen Informationsaustausch zu organisieren. Fünf Tage lang ging es um Themen wie Migranten in Ost- und Südostasien, die in dieser Region fast ausschließlich Wanderarbeiter sind, Arbeitslosigkeit, Umweltschutz, Gesundheit am Arbeitsplatz und den Aufbau internationaler Widerstandsnetze gegen die Politik des IWF und der "transnationalen Konzerne".

Abschlußkundgebung der Seouler Konferenz (Foto: wop)

Lange, vielleicht zu lange, waren Südkoreas kämpferische Gewerkschaften und linke Gruppen zu sehr mit sich und ihrer Gesellschaft beschäftigt, um über den nationalen Tellerrand zu schauen. Internationale Solidarität kannten sie nur als Einbahnstraße. Eine der Ursachen dafür dürfte darin liegen, daß aufgrund der Diktatur ausländische Literatur bis Anfang der 90er kaum zugänglich war. Noch im Dezember letzten Jahres wurde in Seoul ein Buchhändler für mehrere Tage inhaftiert, weil er "Das Kapital" verkauft hatte.

Doch spätestens die asiatische Krise hat bei manchem die Einsicht wachsen lassen, daß internationale Zusammenarbeit und Austausch dringend erforderlich sind. Nicht nur, weil die großen Konzerne und ihre Agenturen wie der IWF grenzübergreifend operieren, aber gleichzeitig Arbeiter und andere an den Rand gedrängte im Namen des internationalen Wettbewerbs gegeneinander ausspielen. Auch die Probleme, mit denen die Gewerkschaften und Organisationen der Armen in vielen Ländern konfrontiert sind, ähneln sich. Unter den Schlagworten Deregulierung, Privatisierung und Liberalisierung wird sowohl in den asiatischen Krisenstaaten, als auch in den reichen Metropolen ein Generalangriff auf die Lebensbedingung der Mehrheit der Bevölkerungen gefahren. In Südkorea nutzen die fünf größten Konzerne des Landes die Krise zu Konzentration und Massenentlassungen. Der Staat assistiert mit brutalen Polizeieinsätzen, wie zuletzt Anfang September beim Streik der Mando-Arbeiter. Über 100 KCTU-Funktionäre und Mitglieder sind derzeit in Haft oder werden gesucht.

Aus den USA berichtete Steve Zeltzer von der US Labor Party, wie Hunderttausende Wohlfahrtsempfänger in Zwangsarbeit getrieben werden oder wie in der Job-Wunder-Maschine Silicon Valley Arbeiter auf die Straße gesetzt werden, sobald sich die ersten grauen Haare zeigen. 30.000 Arbeiter wurden allein im letzten Jahr entlassen, weil sie versuchten, in ihrem Betrieb eine Gewerkschaft aufzubauen.

Eine Erfahrung, die auch Miguel Angel Sanchez teilt. Seit zwei Jahren versucht er mit seinen Kollegen bei Han-Young, einer mexikanischen Tochter des koreanischen Hyundai-Konzerns, eine Gewerkschaft aufzubauen und hat dabei nicht nur gegen das gewerkschaftsfeindliche Management, sondern auch gegen die gelben Gewerkschaften und den Staat zu kämpfen.

"Wir weisen die Logik des Profits und Wettbewerbs zurück, die die menschliche Würde und Wohlfahrt und die Erde als Quelle allen Lebens untergräbt", heißt es in der Abschlußerklärung der Konferenz. Das Seouler Treffen sei bloß ein Anfang gewesen, Ausbau von Kommunikation sei notwendig und v.a.: Nicht nur Konferenztourismus sei gefragt, sondern die "grass roots", die Menschen an der Basis, müßten zusammengebracht werden. Eine Möglichkeit könnte im Konzept globaler Aktionstage bestehen, an denen weltweit an möglichst vielen Orten Demonstrationen und Kundgebungen durchgeführt werden. Die nächste Gelegenheit hierfür könnten, wie in Seoul von einigen vorgeschlagen, EU-Gipfel und G8-Treffen im Juni nächsten Jahres in Köln sein.

(wop)