Anti-AKW

Stade:

Aktionstag mit geringer Beteiligung

Nur ein kleines Häufchen von 400 Atomkraftgegnern hatte sich am 12.9. auf dem Stader Platz "Am Sande" versammelt, um die bundesweiten Aktionstage gegen die Wiederaufnahme der Atomtransporte und für die sofortige Stillegung zu eröffnen. Die Veranstalter, die möglicherweise mit mehr TeilnehmerInnen gerechnet hatten, stellten zwei Lautsprecherwagen und einen Trecker zur Verfügung und ließen sich durch die Verspätung eines Busses aus Braunschweig und eines Schiffes der GRÜNEN locker von ihrem Zeitplan abhalten.

Nach etlichen Schwierigkeiten mit der Technik sprach Karsten Hinrichsen trotz seines verlorenen Brokdorf-Prozesses über die Alternativen zur seiner Meinung nach technisch überholten Atomkraft. Damit war die Veranstaltung für die GRÜNEN beendet, sie zogen sich eiligst wieder auf ihr Elbschiff zurück, um in Glückstadt weiterzudiskutieren.

Ein Redebeitrag aus dem autonomen Spektrum rechnete bei dieser Gelegenheit mit dem Gesellschaftssystem und dem Patriarchat ab, nur das Lesen im Kanon hätte noch flüssiger sein können. Die Bevölkerung war für die Flugblätter zwar durchaus aufgeschlossen, hielt sich aber von der Stimmungsmusik aus den Lautsprechern möglichst fern. Schließlich sollte auch noch ein bißchen gelaufen werden, allein, ganz ohne Bahnsteigkarte mochten die meisten den Platz nicht verlassen und schwankten orientierungslos hin und her. Beim Abrücken vom Platz hielt die Polizei den Trecker fest, doch durch entschlossenes Blockieren einer Kreuzung in den Obstplantagen des Alten Landes konnte der Demonstrationszug ihn wieder freipressen.

Durch derlei Widrigkeiten kam es, daß der Marsch zum 6 km entfernten Werkstor des AKW sich 3 Stunden hinzog. Auf dem Weg dorthin versuchte die Polizei, das Vermummungsverbot gegen eine einzelne Person durchzusetzen. Bei dieser Gelegenheit wurde der gesamte Demonstrationszug konsequent abgefilmt. Die Beamten mußten dabei mehrmals die Androhung von unmittelbarem Zwang seitens der Demonstranten über sich ergehen lassen, auch den Apfelbäumen hinterm Deich ging es nicht besser, die sich die Zwischenkundgebung anhören mußten.

Als das Werkstor erreicht war, konnten sich viele kaum noch auf den Beinen halten, was wiederum die Sicherheitstruppen hinter dem Tor ermunterte, sich den mutmaßlichen Vermummungsstraftäter überraschend zu greifen und in vorläufigen Gewahrsam zu nehmen. Trotzdem konnte die Aktion erfolgreich abgeschlossen werden, indem statt der abgebrannten Kernbrennstäbe die DemonstrationsteilnehmerInnen mit Spezialfahrzeugen zur Beförderung von Kleingruppen (PKW) abtransportiert werden konnten.

Durch diesen geschickten Schachzug gerät das AKW Stade nun in eine prekäre Lage: Bis nach der Bundestagswahl wird es sicher keine genehmigten Transporte mehr geben, und durch diese machtvolle Wiederauferstehung der Anti-AKW-Bewegung wird es den Betreibern auch danach immer schwerer fallen, die vollen Abklingbecken für die im nächsten Frühjahr anstehende Revision mit Brennelementewechsel freizumachen. In Flugblättern wurde darauf hingewiesen, daß Stade seit 1972 am Netz und damit eins der ältesten AKWs Deutschlands ist. Der nächste Transport soll durch "vielfältigen und entschlossenen Widerstand verhindert werden". Bei soviel "deutlicher und direkter Aktion" sei es doch klar, "daß die BetreiberInnen es sich zweimal überlegen werden müssen, ob sie einen CASTOR von Stade aus losschicken wollen."

(BG)