Landespolitik

Landeshaushalt 1999:

Subventionen auf Pump

"Aktivierung toten Kapitals" nennt man auf Grün-Deutsch im Landeshaus das Verscherbeln des Familiensilbers. Die Koalitionspartner SPD und Grüne waren vor einiger Zeit auf die Idee verfallen, die Immobilien des Landes an die Investitionsbank zu verkaufen und sie dann von dieser zurückzumieten. 750 Mio. DM sollen so bis zum Jahr 2000 hereinkommen. Bei den Grünen hatte man zwar gewisse Bedenken bezüglich des konkreten Konzepts, prinzipielle Einwände gab es jedoch nicht. Im Gegenteil: In den Koalitionsverhandlungen vor zwei Jahren war es der grüne Finanzexperte Willi Voigt, der mit entsprechenden Vorschlägen vorpreschte, noch bevor die Sozialdemokraten überhaupt den Mund aufmachen konnten.

Nun hat man jedoch ein kleines Problem. Mit einer einstweiligen Anordnung entschied das Bundesverfassungsgericht, daß die Einnahmen aus dem Deal als Kredite zu verbuchen sind. Damit kommt Rosa-Grün in Kiel in erhebliche Bredouille, denn der Rahmen für die Neuverschuldung wird enger. Im Haushaltsjahr '99 öffnet sich eine Lücke von 300 Mio. DM. Neue Einnahmen müssen her, oder weiter gestrichen werden.

Ein Opfer ist schon anvisiert - die Kommunen. Schleswig-Holsteins Gemeinden und Städte sollen von 1999 bis 2004 jährlich 50 Mio. DM weniger über den Finanzausgleich zugewiesen bekommen. Schließlich, so Heide Simonis, seien deren Ausgaben in der letzten Dekade deutlich schneller gestiegen als die des Landes. Daß das allerdings auch viel mit der gestiegenen Zahl der Sozialhilfeempfänger zu tun hat, verschweigt die Ministerpräsidentin lieber.

Aber die Sparmaßnahmen bei den Kommunen greifen erst nächstes Jahr und waren sowieso schon geplant. Durch das Verfassungsgerichtsurteil entsteht aber bereits für das laufende Haushaltsjahr eine Lücke von 250 Mio. DM. Zwar vermeldet Finanzminister Möller unerwartete Mehreinnahmen von 150 Mio. DM, davon muß aber ein Teil an den Länderfinanzausgleich abgegeben werden. Also verhängte er erst einmal ein Haushaltssperre.

Angesichts der Zahlen für den Haushaltsentwurf '99 muß man dem Gericht fast dankbar sein, daß es die Bremse zog: Ausgaben von 14,499 Mrd. DM sind geplant. Allein 1,8 Mrd. DM davon gehen an Zinszahlungen für Schulden weg, d.h. stattliche 12,4%. Um die Ausgaben zu decken, sollen 1,1 Mrd. DM neue Schulden aufgenommen werden, womit das Land mit insgesamt 31 Mrd. DM in der Kreide stehen wird. Das entspricht den Einnahmen von mehr als zwei Jahren. Man kann sich also die Chancen ausrechnen, die bei den gegebenen Verhältnissen bestehen, da je wieder runter zu kommen. Zumal die Einnahmen angesichts der Krisengefahren eher zurückgehen dürften.

Für Subventionsgeschenke an Unternehmen scheint allerdings noch genug Geld da zu sein. Anfang des Monats verkündete die Ministerpräsidentin anläßlich der Einweihung der "Motorola-Funktelefonfabrik" in Flensburg an der dänischen Grenze stolz: "Wir haben das unternehmerische Engagement von Motorola mit mehr als 55 Mio. DM unterstützt." Hunderte neuer Arbeitsplätze seien dadurch entstanden. Wieviel es denn nun genau sind, wußte man allerdings bei der Landesregierung auch nicht. Das habe der amerikanische Konzern nicht mitteilen können, da erst im nächsten Jahr eingestellt wird.

(wop)