Betrieb & Gewerkschaft

Krise? Welche Krise?

Schönredner und Berufsoptimisten am Werk

Im Bauhauptgewerbe Schleswig-Holsteins haben im Juni 5% weniger Menschen gearbeitet als im gleichen Monat des Vorjahres, meldet das Statistische Landesamt. Da es aber ein paar mehr waren, als im Frühjahr lautet die Überschrift der Pressemitteilung "Beschäftigung leicht verbessert" (!) Im verarbeitenden Gewerbe betrug der Personalabbau "dagegen nur" 2,4%. Und noch eine alarmierende Meldung versuchten die Statistiker hinter ihrer schönredenden Überschrift zu verbergen: Im ersten Halbjahr '98 verzeichneten die Betriebe im Land einen Auftragsrückgang von 7%.

Das Kieler Institut für Weltwirtschaft bleibt dennoch optimistisch: Um 2,7% wird die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr wachsen, 2,4% sollen es 1999 sein. "Frühindikatoren deuten auf eine Fortsetzung des Aufschwungs hin", meint das Institut in seinem jüngsten "Kurzbericht". In den Unternehmen sei man guter Dinge. Dem widerspricht allerdings eine Umfrage des Ifo-Instituts, nach der im August in Westdeutschland eine Mehrheit der Unternehmer erstmals seit über einem Jahr die Aussichten negativ einschätzte. In Ostdeutschlands Führungsetagen überwiegen die Skeptiker schon seit längerem.

Ein Grund für ihre positive Prognose sehen die Kieler in der Lohnpolitik. Die "läßt Raum für eine günstige Gewinnentwicklung und trägt zur Beschäftigungsausweitung bei". Wieviel allerdings die Gewinnentwicklung mit der Schaffung von Arbeitsplätzen zu tun hat, konnte man in der Amtszeit Kohls beobachten. 1982, als der Oggersheimer zum ersten Mal zum Kanzler gewählt wurde, machten die Lohnkosten 66,2% der Bruttowertschöpfung aus. D.h. im Schnitt bekamen Arbeiter und Angestellte 66,2% dessen, was sie erarbeiteten in Form von Lohn und Sozialabgaben ausgezahlt. Seit '82 ist dieser Anteil kontinuierlich gesunken und 1996 bei 58% angelangt, einem Wert, wie er zuletzt in den 50ern registriert wurde. Diese Zunahme der Ausbeutung (und des Gewinns) ging einher mit einem Anstieg der Massenarbeitslosigkeit. Von einer Beziehung zwischen Gewinnen und Beschäftigung kann also nicht die Rede sein.

Das scheinen auch die Kieler Ökonomen zu ahnen, denn sie prognostizieren zwar einen "weiteren deutlichen Rückgang der Arbeitslosigkeit", sehen als Ursache aber neben dem erwarteten Aufschwung v.a. "sinkende Zuwanderung aus dem Ausland" Womit schon mal klargestellt wäre, wer im Zweifelsfall die Schuld haben wird.

(wop)