Aus dem Kieler Rat

Arbeit um jeden Preis?

Sozialdezernentin Annegret Bommelmann ist zufrieden: In Kiel ist die Zahl der Sozialhilfeempfänger zurückgegangen, und zwar um 160 gegenüber September '97. Aber nicht etwa eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage ist nach der einst von den Grünen vorgeschlagenen Dezernentin dafür verantwortlich, sondern Zwangsmaßnahmen und Kontrollen. In 1.153 Fällen wurde die Sozialhilfe um 25 bzw. 50% gekürzt, wenn Empfänger die Annahme von Arbeit verweigerten. Unter anderem versucht die städtische Behörde, arbeitslose Sozialhilfeempfänger in die Beschäftigungsgesellschaft Kiba zu zwingen, wo sie für untertarifliche Löhne gewerbliche Arbeiten verrichten, die früher von regulär zahlenden Handwerksbetrieben bzw. städtischen Unternehmen ausgeführt wurden.

Im November letzten Jahres hatte OB Gansel in aller Selbstherrlichkeit die Zwangsarbeit eingeführt. "Die Stadt beginnt in verschiedenen Ämtern mit dem Einsatz von Sozialhilfeempfängern für gemeinnützige zusätzliche Arbeit", verkündete er. In der Ratsversammlung protestierten einzig die Grünen. Für 2 DM pro Stunde zusätzlich zur Sozialhilfe werden sie u.a. in Parks eingesetzt, natürlich ohne daß Sozialversicherungsbeiträge von der Stadt gezahlt würden.

Zu den neueingeführten Kontrollen gehört auch ein Abgleich mit der Datei der KfZ-Halter. Ganz im Sinne der Ökosteuer-Logik darf nämlich nur die Umwelt belasten, wer es sich auch leisten kann. Autos werden auf die Sozialhilfe angerechnet, d.h. Bedürftige zum Verkauf gezwungen. Gegen eine Unterstützung durch die CDU, die meint, die Dezernentin liege ganz auf ihrer Linie, verwahrt sich Bommelmann allerdings. Das Thema sei nicht Mißbrauch, sondern Arbeit zu schaffen. Fragt sich nur um welchen Preis. (wop)