Koalitionsvertrag

Nicht viel wird anders werden

Im Koalitionsvertrag ist als wichtigstes Ziel die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit genannt. Durch eine Kombination von Angebots- und Nachfragepolitik will die neue Koalition die Rahmenbedingungen für die Schaffung neuer Arbeitsplätze verbessern. Dazu gehören u.a. Steuergeschenke an Kapitalisten und Reiche. Die Körperschaftssteuer soll von 45% auf 40%, der Spitzensteuersatz für gewerbliche Einkünfte von 47% auf 43% und der Spitzeneinkommenssteuersatz von 53% auf 48,5% abgesenkt werden. Die Mogelpackung "ökologische Steuerreform" sieht in der ersten Stufe eine Reduzierung der Lohnnebenkosten von 0,8% vor. Gegenfinanziert werden soll diese "Reform" durch Steuererhöhungen auf Mineralöl für Kraftfahrzeuge um 0,06 DM pro Liter, beim Heizöl um 0,04 DM, beim Gas um 0,32 DM pro kWh und beim Strom um 0,02 DM pro kWh. Besonders hart betroffen durch diese Steuererhöhungen werden die RentnerInnen, Arbeitslosen und SozialhilfeempfängerInnen, da für sie keine Entlastungen vorgesehen sind.

Für ArbeitnehmerInnen wird es minimale Verbesserungen durch Erhöhung des Grundfreibetrages von 12.360 DM auf 14.000 DM und Senkung des Eingangssteuersatzes von 25,9% auf 19,9% geben. Gleichzeitig soll das Kindergeld von 220 DM auf 260 DM erhöht werden. Damit erhofft sich die neue Regierung eine Stärkung der Massenkaufkraft und damit auch neue Arbeitsplätze. Mit dieser "großen Steuerreform" will die neue Koalition "für mehr Gerechtigkeit sowie für eine Stärkung der Binnenkonjunktur und der Investitionskraft" sorgen.

Diese wachstumsorientierte Arbeitsmarktpolitik befindet sich jedoch seit Jahren in einer Sackgasse. Erstens gründet sie sich auf falsche ökonomische Erwartungen, und zweitens würde sie in eine ökologische Sackgasse steuern. Das die ökonomischen Erwartungen falsch sind, muß kaum noch bewiesen werden, denn die Wirklichkeit widerlegt sie bereits seit mehr als einem Jahrzehnt. Weder das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts, noch die Steuer- und Abgabengeschenke an die Unternehmer, noch die gestiegenen Unternehmensgewinne haben neue Arbeitsplätze geschaffen. Außerdem ist es eine simple Tatsache, daß wachsende Arbeitsproduktivität Arbeitsplätze kostet. Seit den 70er Jahren steigt die Arbeitsproduktivität rund zweimal schneller als die Produktion.

Gleichzeitig wurden auch die Haushalte leergefegt, und damit fehlen die investiven Ausgaben des Staates. Um die in Deutschland rund 7 Mio. fehlenden Arbeitsplätze zu ersetzen, wären in den nächsten Jahren Wachstumsraten von mehr als 7% nötig, und das ist ökonomisch völlig unrealistisch. Hinzu kommt, daß das heute schon bestehende Rationalisierungspotential der Unternehmen bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist. Deshalb werden wachsende Gewinne sowie geringere Steuern und Abgaben zunächst einmal dazu führen, daß die Unternehmen ihre Rationalisierungsvorhaben vorantreiben, denn gerade die wettbewerbsfähigsten und erfolgreichsten Unternehmen sind die größten Arbeitsplatzvernichter. Arbeitsplätze werden durch die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Maßnahmen kaum geschaffen.

Zu den positiven geplanten Vorhaben gehören u.a. das Sofortprogramm für 100.000 Ausbildungsplätze, die Wiedereinführung des Schlechtwettergeldes und der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die Rücknahme der Einschränkungen beim Kündigungsschutz, die Einführung der Versicherungspflicht für 520/620 DM-Jobs, die Aussetzung der Rentenniveaukürzung sowie eine Verbesserung der Altersteilzeitregelung. Etliche dieser Vorhaben gehen nicht weit genug, bei anderen bleibt die Koalition weit hinter ihren Wahlversprechungen zurück.

(hg)