Kommentar

Kulturlose Kahlschläger

Abriß der Schwentineschule, Kaputtverlegung der Stadtgalerie, das ist Gansels Mehrheitsbeschaffungs e.V. noch nicht genug. Die kulturlosen Kieler Sozis, die den Satz ihres designierten Kulturministers Naumann, daß Kultur "kein Faktor der Politik, sondern ihr bestes Ziel" sei, ohnehin nicht kapieren, weil er zu intellektuell formuliert und damit der spardemokratisch-provinziellen Vorstellungswelt nicht zugänglich ist, legen noch einen drauf. 1999 soll es für die soziokulturellen Zentren Hansastraße 48, Hof Akkerboom und Kulturladen Leuchtturm einen Zuschuß Null geben. Was das z.B. für die Hansastraße bedeutet, machte diese in einem Flugblatt kurz & bündig deutlich: "Watch Out 1999: Kein Konzert, kein Theater, kein Kino, keine Fahrradwerkstatt, keine Probenräume!"

Was die Hansastraße betrifft, setzt die SPD mit ihrem Sparvorschlag endlich einen jahrealten Beschluß der Jungen Union um. Die fordert zu jedem Kieler Haushalt erneut die Streichung der Zuschüsse für das - igitt! - "besetzte Haus". Daß die SPD in dieser Stadt die CDU beim Sparen rechts überholt, ist bekannt. Bekannt ist auch die nicht mehr zu überbietende Inkompetenz großer Teile der Fraktion, was kulturelle Fragen betrifft. Sonst hätte man wohl bemerkt, daß in der Hansastraße nicht nur Veranstaltungen mit auch überregionalem Echo durchgeführt werden, sondern auch ein knappes Dutzend Theater- und Musikgruppen dafür proben. Die werden somit gleich mit kaputtgespart, denn Probenräume im Neuen Rathaus sind nicht in Sicht.

Der größte Skandal jedoch ist, daß sich das Kulturamt zum Erfüllungsgehilfen des Kieler-Woche-Pommesbuden-Eröffners Gansel macht. Auftrag vom Chef: Eine halbe Million einsparen. Brav schlug das Kahlschlagsamt, Außenstelle Kultur, vor, Hansastraße & Co. einzusparen. Kulturamtsleiter Knut Pfeiffer-Paehr war dazu zu keiner Stellungnahme zu bewegen. Er hat mit dem internen Vorschlag, die Stadtgalerie zu schließen, schon genug Dreck am Stecken.

Und der Widerstand? In der SPD-Fraktion macht sich auf verlorenem Posten Ute Kohrs-Heimann gegen die Streichungspläne stark. Die Hansastraße macht die Sache per Flugblatt bekannt. Der Hof Akkerboom dagegen verharrt in Angststarre wie das Kaninchen vor der Schlange. Als Stadtteilzentrum will sich der Hof Akkerboom offenbar nicht gänzlich beim Mettenhofener SPD-Ortsverein unbeliebt machen und hofft dort auf eine Nische. "Teile und herrsche" funktioniert mal wieder wunderbar. Es sei denn, eine ebenfalls vom kulturellen Kahlschlag bedrohte Institution wie die Kieler Bühnen erkennen jetzt die Zeichen der Zeit und schlagen sich auf die Seite der augenblicklich noch konkreter Bedrohten.

(jm)