Kommentar

Fehler im (Müll-) System

Zuschuß für die soziokulturellen Zentren kürzen, FrauenLesben-Kulturveranstaltungen auf Null runterfahren, SozialhilfeempfängerInnen zwecks Entlastung der städtischen Kassen in den Arbeitsdienst abschieben - nur einige der drakonischen Maßnahmen gegen das Defizit im Stadtsäckel. Immer gleiches Lamento dazu: Wir würden gerne, aber wir müssen halt alle sparen. Einen Computerfehler läßt sich die Stadt dagegen gerne mal ein paar Millionen kosten.

So geschehen im Abfallwirtschaftsbetrieb (AWB). Dessen Software konnte die gelben, blauen und grauen Tonnen nicht richtig zählen. Folge: An die Entsorgungsunternehmen wurden vermutlich schon seit 1991 (!) schätzungsweise 3-4 Mio. DM zu viel entrichtet. Müll-Dealer Schirmers "Müllware" ist dabei noch nicht einmal in der Lage, genau festzustellen, seit wann die Tonnen falsch gezählt wurden. Wieviele es wirklich sind läßt sich "z.Z. auch nicht ermitteln", so der peinlich Berührte im Rat, der Rechner des ABW sei "überlastet". Ein Verschulden kann Schirmer freilich nicht ausmachen. Das fehlerhafte Programm sei "seinerzeit von Dritten installiert" worden, Schadenersatzansprüche gegen jene "Dritte" würden "geprüft". Und OB Norbert Gansel sekundierte fatalistisch: "EDV ist nicht unfehlbar. Mit EDV werden wir immer wieder soetwas erleben."

Tolle Aussichten für die GebührenzahlerInnen - nicht minder für die von der neoliberalen "Sparen, Privatisieren, Deregulieren"-Partei stets hochgelobte Verwaltungsstrukturreform. Wohl erst, wenn alle Planstellen der Verwaltung durch Festplatten und das Bürgerservicezentrum durch Online-"Frontplätze" ersetzt sind, werden wir merken, daß die nur Datenmüll erzeugen.

Der Skandal um die Tonnen ist nicht die erste Panne der Kieler Abfallwirtschafter. Nicht erst seit der AWB teilprivatisiert ist, versorgt er die Ratsversammlung regelmäßig mit sperrigen Müllskandalen, z.B. nicht beschlossenen aber doch geplanten dritten Kesseln in der Müllverbrennungsanlage. Der oberste Müllherr Schirmer hat wie immer von Tonnen und Dreck in die Luft Blasen keine Ahnung, bzw. "muß das erst prüfen lassen". Und zahlen muß für diese "organisierte Unverantwortlichkeit" (grüne Fraktionsvorsitzende E. Dickhoff) stets die/der Gebührenpflichtige. Wie die/der die zu viel entrichteten Gebühren zurückerhält, ist der Verwaltung noch unklar. CDU und SUK forderten sofortige Rückzahlung. Die SPD möchte den Schaden lieber "verrechnen". Daß auch das den Gebührenzahler eher noch was kosten wird, machte Schirmer schon vorsorglich mit der ihm eigenen zirkelschlüssigen "Logik" klar: "Wenn wir nicht direkt zurückzahlen können, dann müßte das aus einem Haushaltsposten erfolgen, und das belastet dann wieder den Gebührenzahler, der ja auch Steuerzahler ist."

(jm)