Ratssplitter

"Mehr geht nicht", hatte OB Norbert Gansel an deren Ende über die diesjährige Kieler Woche resümmiert. Doch: Mehr geht - mehr schwarze Sheriffs gegen den "Ameisenschwarzhandel". Gansel forderte dieses probate Mittel in seinem Kieler-Woche-Bericht. Auch Rainer Tschorn (CDU) will nächstesmal "mehr Sicherheitskräfte" - und "keinen Ballermannstand": "Sowas gehört nicht auf unsere Kieler Woche." Gut gebrüllt gegen derlei Kulturlosigkeiten, die doch so gut auf das Volksfest von Gansels Gnaden passen. Und weil Pommesbuden nunmal prominenter sind als Kultur, hatte der OB in seinem Bericht auch ganz vergessen, die Ausstellung "ArtFiction", die während der Kieler Woche in der Stadtgalerie lief, zu erwähnen, worauf ihn Ute Kohrs-Heimann, kulturpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, hinweisen mußte: "man sollte die Stadtgalerie schon erwähnen, auch wenn man sie nicht liebt."

Für Svenja Ketelsen von der SUK ist das Frauennachttaxi "Schickimicki". "Die meisten Frauen können auch ein normales Taxi bezahlen", so ihr Plädoyer für eine Einstellung des Nachtaxis. Lediglich für Sozialhilfeempfängerinnen könne man über einen Zuschuß nachdenken. Ute Kohrs-Heimann (SPD) mußte Ketelsen daran erinnern, daß das Frauennachttaxi "eine frauenpolitische und keine sozialpolitische Maßnahme" sei. Auch Edina Dickhoff, Fraktionsvorsitzende der Grünen, mußte den Ratsherren erläutern, daß das Frauennachttaxi einst ins Leben gerufen wurde, weil innerhalb eines Sommers drei Frauen auf dem nächtlichen Nachhauseweg ermordet worden waren. Im übrigen handele es sich beim Frauennachttaxi um ein "kundinnenunfreundliches Sammeltaxi. Das benutzt bestimmt keine Schickimicki-Frau". An die Adresse der Verwaltung meinte Dickhoff, deren Fraktion zusammen mit der der SPD einen Antrag auf Fortführung des Frauennachttaxis gestellt hatte: "Wenn Sie mich fragen, woher das Geld kommen soll, dann appelliere ich an Ihre Flexibilität. Wenn die Verwaltung etwas will, dann sind bisher immer irgendwo irgendwelche Restbeträge aufgetaucht." Flexibel ist die Verwaltung zwar nicht sonderlich, wenn es um die Belange von Frauen geht, dafür ist's CDU-Ratsherr Jens Moriz. Allgemeine Verwunderung löste aus, daß er als "frauenpolitischer Sprecher der CDU-Ratsfraktion" das Wort ergriff. "Ich bin eben eine Mehrzweckwaffe in meiner Fraktion", kommentierte Moriz. In das Horn von Frau Ketelsen stieß er dann mit der Behauptung, das Frauennachttaxi sei ein "Luxustaxi, das wir uns nicht leisten können, obwohl wir's sinnvoll finden". Er als Vater, so Moriz unter allgemeinem Gelächter weiter, frage sich schon seit langem, warum seine Tochter mit dem Taxi "von einer Edelkneipe zur nächsten" kutschiert werde. Im übrigen finde er es schade, daß die SPD in ihrem Antrag die Mitfahrmöglichkeit für Jungen bis 16 Jahren gestrichen hatte. Noch sicherer seien die Frauen doch, wenn auch noch der Papa mitfahren dürfe. "Aber dann hätten wir ja ein Familientaxi auf Stadtkosten." Der Antrag zur Fortführung des Frauennachttaxis wurde schließlich mit den Stimmen von SPD und Grünen angenommen. Der Antrag sieht vor, daß die Stadt das Frauennachttaxi für einen Festbetrag von 120.000 DM pro Jahr ausschreibt.

(jm)