Gewerkschaftsticker

Bundeskanzler Schröder kündigt in seiner Regierungserklärung weiteren Sozialabbau an. "Der Mißbrauch staatlicher Leistungen muß eingedämmt werden, (...) und soziale Leistungen werden wir stärker als bisher auf die wirklich Bedürftigen konzentrieren."

ArbeitnehmerInnen sollen nach dem Willen Bundeskanzlers Gerhard Schröder künftig schon mit 60 Jahren mit voller Rente in den Ruhestand gehen können. Eine entsprechende Regelung solle mit Hilfe der Tarifparteien gefunden werden, sagte Schröder. Der Ruhestand mit 60 solle "ohne Einbußen bei der Rente" möglich werden.

Der neue Bundeswirtschaftsminister Werner Müller hat mit Äußerungen zur Reform des Sozialstaates gewerkschaftliche Kritik auf sich gezogen. Die IG Medien warf Müller "neoliberale Rhetorik" und Realitätsblindheit vor und warnte vor einer Konfrontation zwischen Gewerkschaften und Bundesregierung. Müller hatte behauptet, die Bevölkerung in Deutschland habe sich "jahrzehntelang an eine fatale Vollkaskomentalität gewöhnt" und wolle keine privaten Risiken mehr tragen. "Irgendwie muß die Entwicklung der Kohl-Zeit an dem Wirtschaftsminister vorbeigegangen sein. In dieser Zeit hat ein massiver Sozialabbau stattgefunden, während gleichzeitig die Gewinne beachtlich gestiegen sind", rügte Zoller. Wenn Müller meine, Deutschland sei in den letzten Jahrzehnten eine Menge Sozialismus aufgeladen worden, seien Zweifel an seiner Fähigkeit zur Realitätswahrnehmung angebracht. Sollten seine Äußerungen die "sozialpolitische Marschrichtung" (O-Ton Schröder: "Wir machen nicht alles anders, aber alles besser.") der neuen Bundesregierung spiegeln, "dann wird es unvermeidbar zu erheblichen Spannungen zwischen dieser Bundesregierung und den Gewerkschaften kommen", warnte die IG Medien.

Die Gewerkschaften haben scharfe Kritik an den neuen Plänen der SPD zur "Reform" der 620 DM-Jobs geübt. "Zentrale Forderungen der Gewerkschaften sind nur unzureichend berücksichtigt", sagte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer. Der DGB vermisse besonders Maßnahmen, die eine Aufstückelung sozialversicherungspflichtiger Arbeitsverhältnisse in 620-Mark-Jobs für Arbeitgeber weniger attraktiv machten. Die DAG bezeichnete die nun geplante Neuregelung als *ozialpolitische Mogelpackung. So werde der Anreiz für die Arbeitgeber nicht beseitigt, sozial abgesicherte Normalarbeitsverhältnisse in Minijobs zu zerschlagen, kritisierte DAG-Vorstandsmitglied Lutz Freitag.

In knapp 130 Unternehmen der norddeutschen Metallwirtschaft (dazu gehören Industrie- und Handwerksbetriebe) stimmten die Beschäftigten über aktuelle politische Themen ab. Die Ergebnisse der IG Metall-Befragung: 89% sprachen sich dafür aus, das Rentenalter wieder herabzusetzen, um jüngeren Arbeitnehmern die Chance auf einen Arbeitsplatz zu geben. 76% sind bereit, auf Überstunden zu verzichten - auch wenn sie dadurch ihr Einkommen senken. Sie sehen darin einen weiteren Beitrag für mehr Beschäftigung. 67% hoffen auf mehr Arbeitsplätze durch eine weitere Verkürzung der Arbeitszeit. Besonders dringlich sind kürzere Arbeitszeiten für Schichtarbeiter, meinen 76%. 85% der Befragten sagen: Wer nicht ausbildet, soll zahlen. Sie fordern eine Ausbildungsabgabe von den Unternehmen, die nicht ausbilden.

(hg)