MigrantInnen

Kurdischer Familie droht Abschiebung

Dokumentiert: Offener Brief der Familie Garip

Ich wende mich mit diesem persönlichen Brief an die demokratische Öffentlichkeit, weil mir kein anderer Weg übrigbleibt. Der Rechtsstaat Deutschland hat in meinem Fall kein Recht gesprochen, er will mich in den Folterstaat Türkei abschieben, wo mich vielleicht Lynchjustiz oder der Tod erwarten.

Mein Name ist Dervis Garip, ich bin 36 Jahre alt und komme aus Maras (Kurdistan). Ich bin Kurde alevitischen Glaubens. Mein Leben ist einfach erzählt: Ich komme aus einer kurdischen Familie, wir sind Aleviten. In unserer Gegend ist unsere Familie als oppositionelle Familie bekannt, wir wurden von den türkischen Behörden immer unterdrückt, diskriminiert und verfolgt. In solch einer Situation bin ich aufgewachsen, meine Jugendzeit habe ich in unserem Dorf verbracht. Ich habe mich für die kurdische und alevitische Sache immer interessiert, aus Sympathie habe ich den kurdischen Patrioten geholfen, wo ich nur immer konnte. Die türkischen Behörden haben dies herausbekommen und mich massiv bedroht, sie haben mich aus meinem Dorf vertrieben. 1990 bin ich nach Kayseri gegangen, dort habe ich mich stärker politisch betätigt, u.a. war ich Vorstandsmitglied des allevitischen "Pir Sultan Abdal Dernegi". Ich habe legale pro-kurdische Parteien und Organisationen unterstützt und aktiv an Veranstaltungen teilgenommen. Ich habe mich offen zu meiner kurdischen Identität bekannt, jeder wußte, daß ich den nationalen Befreiungskampf unterstütze. Die Sicherheitsbehörden haben mich mehrmals festgenommen, meine Wohnung wurde ständig durchsucht. Im April 1992 wurde ich festgenommen, 18 Tage war ich im Gefängnis von Kayseri, wo ich gefoltert worden bin. Die Polizei und der Geheimdienst haben mich ständig bedroht, ich war meines Lebens nicht mehr sicher. Bereits vorher hatte ich mir gegen Zahlung von Schmiergeld einen Paß besorgt, damit habe ich die Türkei im November 1992 verlassen und bin nach Deutschland gekommen, ich habe einen Asylantrag gestellt.

Nun lebe ich mit meiner Frau und vier Kindern seit 6 Jahren in Deutschland als Asylbewerber, meine Kinder Dilan (14), Ebru (11) und Erdem (10) gehen hier zur Schule. Etwa 80 Verwandte von mir haben in Deutschland Asyl bekommen, meine Eltern und Brüder sind ebenfalls anerkannte Flüchtlinge. Auch in anderen Ländern Europas leben noch etwa 70 Verwandte von mit als anerkannte Flüchtlinge. Alle haben das gleiche erlebt wie ich, und sie haben Asyl bekommen, nur ich und meine Familie nicht. Ist das die Gerechtigkeit dieses Landes?

Ich bin aus der Türkei geflohen, um mein Leben zu retten, nun will man mich der Türkei ausliefern. Die Türkei ist ein faschistischer Folterstaat. Ich habe in der Türkei gegen diesen Staat gekämpft, und auch hier in Deutschland habe ich mich politisch gegen die Türkei betätigt. Ich nehme an allen Aktionen der Kurden teil, ich bin im kurdischen Sender MED-TV aufgetreten und habe offen meine Unterstützung für die kurdische nationale Befreiungsbewegung bekundet. Die Türken in Kiel und Umgebung kennen mich als aktiven Kurden, auch das türkische Konsulat in Hamburg weiß dies. Die aktuelle Situation in der Türkei ist hier in Deutschland bekannt, die Situation ist sehr eskaliert. Eine Abschiebung in die Türkei bedeutet für mich den Tod.

Ich sage ganz offen, mich wird die Türkei niemals lebendig bekommen.

(Dervis Garip)

(Anmerkung der Redaktion: Zur Zeit bemüht sich der Anwalt der Familie Garip um eine Eilentscheidung des Bundesverfassungsgerichtes. Parallel gibt es andere Bemühungen, die drohende Abschiebung zu vermeiden. Kontakt und aktuelle Informationen über den "Gegenwind", Schweffelstr. 6, 24118 Kiel, Tel.: 565899, Fax: 577056)