Aus dem Kieler Rat

FrauenLesben-Kultur auf Null gekürzt

Beim Kieler Kulturamt gab es seit einigen Jahren einen bescheidenen Fonds für FrauenLesben-Kultur. Dieser war aufgrund der Erfolge der ersten Kieler Frauenwochen (1983, 1985) der Stadt Kiel schließlich zur Frauenwoche 1987 als alljährliche freiwillige Leistung (so die offizielle Bezeichnung) in Höhe von 10.000 DM abgerungen worden.

Danach hatte aber auch die politisch-kulturelle Arbeit der Frauen ihre Form zu wechseln begonnen. Aus Frauenwochen waren FrauenLesben-Kulturtage geworden, und einige Aktivistinnen feministischer Kultur bildeten schließlich die Vereine Frauen Kultur und Kommunikation e.V. Kiel, kurz Frau KuKo, und Frauenlernwerkstatt, deren Mitfrauen nun nicht mehr nur einmal im Jahr an die Öffentlichkeit gehen, sondern eine kontinuierliche Kulturarbeit entwickelt haben. 1996 konnten Frau KuKo und Frauenlernwerkstatt sogar noch eine Erhöhung des Fonds auf 15.000 DM durchsetzen.

Diese relativ niedrige, aber immerhin regelmäßig zu erwartende Zahlung des Kulturamtes der Stadt Kiel half uns, das kulturelle Niveau der Vereinsarbeit, z.B. durch die Einladungen von Künstlerinnen und Referentinnen aus anderen (Bundes-) Ländern, anspruchsvoll zu gestalten. Mit Auftritt des OB Gansel 1997 wurde der Fonds aber nach Androhung vollständiger Streichung auf 13.500 DM gekürzt und auf sein Geheiß (mit dem Segen der SPD und trotz Protestes des Kulturausschusses) jetzt für den Haushalt des kommenden Jahres ganz gestrichen.

Wahrscheinlich wurde mit Frau KuKo ein Exempel statuiert, das gegenüber den soziokulturellen Zentren Schule machen könnte: Erst grobe unverblümte Drohung, dann zur Beruhigung der aufgebrachten Gemüter "nur" die leider ganz unvermeidliche Kürzung, um sich am Ende die möglicherweise gar nicht so freiwillig gewährte freiwillige Leistung wieder vom Hals zu schaffen.

Lesbische Kulturarbeit scheint im Kieler Rathaus nicht erwünscht zu sein. Am deutlichsten hatte das zu den Kommunalwahlen im März 1998 die CDU-Abgeordnete Silke Engelke öffentlich verkündet: "Die CDU will keine Gelder aus der Stadtkasse für Projekte mit lesbischen Frauen ausgeben." Mit diesen Worten warb Frau Engelke im Wahlkreis Brunswik/Adolfplatz mit Erfolg für ihre Kandidatur, und weder in diesem Wahlkreis, noch anderswo, noch in der neu zusammengesetzten Ratsversammlung sind dieser Diskriminierung jemals bis heute bündnisgrüne oder SPD-Abgeordnete beiderlei Geschlechts genau so öffentlich entgegengetreten.

Daß Frau KuKo neben Frauenlernwerkstatt u.a. ein "Projekt mit lesbischen Frauen" ist, ist bekannt, zumal unsere Veranstaltungen sich außer durch den Schwerpunkt Antirassismus immer auch durch Engagement für lesbische Kultur und Lebensweisen auszeichnen, selbst wenn kaum mehr über lesbische Kultur zu sagen wäre, als daß es Frauen dabei allein um Frauen gehe. Mit Einladungen zu Kabarett, Theater, Musik, Vorträgen und Lesungen, nicht immer ausdrücklich von Lesben, aber immer ausdrücklich von Frauen für Frauen, hält Frau KuKo an einer feministischen Kultur fest, die gerade auch solchen Frauen Auftrittsmöglichkeiten bietet, welche im offiziellen Kulturbetrieb keine (oder noch keine) Chancen haben. Daß trotz, oder gerade wegen des allgemeinen heterosexistischen Backlash ein großer Bedarf nach den kulturellen Angeboten besteht, die wir zusammen mit anderen Frauenzusammenschlüssen, wie Frauenlernwerkstatt, T.I.O., DFI, Lesben zeigt Euch u.a. organisieren, läßt sich unschwer an den Besucherinnenzahlen ablesen: Zur Lesben-Benefiz-Gala im Rahmen des diesjährigen CSD kamen über 300 Frauen, an der Veranstaltungsreihe gegen Rassismus beteiligten sich insgesamt etwa 600 Frauen, zu Konzerten und Kabarett kamen stets 100 bis 300 Teilnehmerinnen, und mit Vorträgen und Diskussionen erreichten wir durchschnittlich 100 Interessierte, manchmal weniger, manchmal auch mehr.

Lesbischsein bedeutet, tagtäglich gegen die gesellschaftliche Norm zu leben, und an dieser frei gewählten widerständigen Lebensweise mag es liegen, daß seit eh und je von Lesben die entschiedenste Bewegung feministischer Emanzipation ausging. Daß dieses anstrengende Leben gegen den Strich auch immer mal wieder Ermüdungserscheinungen unter feministischen Lesben und Heteras hervorruft, ist nur natürlich. Und in so einer Ermüdungsphase hat uns der Backlash (= "Peitschenhieb", "heftige Reaktion") des OB der Stadt Kiel kalt erwischt. Er hat auf unsere Emanzipation reagiert und bei den vermeintlich Schwächsten zugeschlagen - wenn er sich da nicht verrechnet haben sollte.

(Frau KuKo - Artikel aus dem Gegenwind)