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Wildwest in Fernost?

Westliche Unternehmen und asiatische Regierungen preisen sie als Wundermittel ökonomischer Entwicklung: Süd- und Südostasiens Sonderwirtschaftszonen. Meist gewerkschaftsfrei garantieren sie ausländischen Investoren mit minimalen Löhnen und Abgaben optimale Gewinne. In Sri Lanka scheinen diese paradiesischen Zustände einem deutschen Manager zu Kopf gestiegen zu sein.

Der Arbeiterrat der Katunayake-Freihandelszone wirft dem Direktor von Sky Sport Lanka, Ulrich Kurrle, vor, eine Arbeiterin geschlagen zu haben. Die Firma, ein deutsches Unternehmen, produziert im Auftrag verschiedener Abnehmer Fallschirme. Arbeiterinnen nähen sie für ein Monatsgehalt von weniger als 120 DM zusammen.

Am 17. Oktober vergangenen Jahres, so Anton Marcus von der Arbeitervereinigung, wurde die Näherin M. G. Karunawathi zu Kurrle in die Verpackungsabteilung gerufen. Dort soll dieser ihr einen bereits verpackten fehlerhaften Fallschirm gezeigt und sie mit diesem geschlagen haben. Schließlich sei sie aufgefodert worden zu gehen.

Frau Karunawathi erstattete Anzeige und ließ sich am drauffolgenden Tag ärztlich behandeln. Das Management legte das als unentschuldigte Abwesenheit aus und kündigte ihr.

Kurrle bestreitet den Vorfall, will sich aber gegenüber LinX nicht weiter äußern. Nicht einmal Angaben über die deutschen Eigner mag er machen. Gegen "die Firma" sei "eine gelogene Rufmordkampagne" am Laufen. In einem Brief an eine protestierende japanische Frauengruppe unterstellt er der betroffenen Arbeiterin psychische Probleme.

Der Arbeiterrat weist daraufhin, daß der Vorfall kein Einzelfall sei. Arbeiterinnen seien zuvor schon mit Lohnabzug bestraft worden, weil sie an einem nationalen Feiertag nicht zur Arbeit erschienen. Die Arbeitszeiten würden überzogen, und ein weiterer Arbeiter sei angegriffen worden. Kurrles Beschäftigte bekämen nur 30 Minuten pro Woche für den Gang zur Toilette zugebilligt.

Anfang Januar eskalierte der Konflikt weiter. Kurrle setzte nach Angaben Anton Marcus' Zeuginnen unter Druck, die den Vorfall beobachtet und gegenüber der Polizei bestätigt hatten. Er selbst mochte sich auch dazu nicht äußern. Sri Lanka sei "schließlich eine Art Rechtsstaat".

Am 6. Januar sperrte er seine Arbeiter aus, weil sie auf einem Betriebsrat und Einhaltung der Arbeitszeit bestanden sowie gegen die Einschüchterungen protestierten. Ein Teil der Arbeiter wurde unter neuen, schlechteren Bedingungen wieder eingestellt. Doch 52 wurden Ende Januar wieder nachhause geschickt, als sie ihre Weiterbeschäftigung forderten. Nach Angaben des Arbeiterrats schwärzte Kurrle einige der Ausgesperrten bei neuen Arbeitgebern an.

Auch eine Vermittlung sri-lankischer Behörden konnte Kurrle bisher nicht umstimmen. Weder Frau Karunawathi noch die 52 wurden wieder eingestellt. Die Arbeitervertretung will daher den Fall vor Gericht verfolgen und weitere Proteste organiseren.

"Wir bekommen Unterstützung von allen Gewerkschaften Sri Lankas", so Anton Marcus gegenüber LinX. Mitte Februar demonstrierten 250 Menschen vor dem Tor der Freihandelszone. Auch deutsche Botschaften in verschiedenen asiatischen Ländern bekamen bereits Protestbesuche von Unterstützergruppen. Marcus ist zuversichtlich: "Unsere Proteste nehmen langsam Fahrt auf. Wir werden die Sache bis zur Präsidentin bringen."

(wop)