Offener Brief

An die Unterzeichner der Anzeige "Partner gesucht für die Natur und eine gesunde Umwelt", in der Landeszeitung (Rendsburg) und in der KN vom Samstag, 21.3.98

Sehr geehrte Damen und Herren!

Einige von Ihnen sind mir dem Namen nach oder sogar persönlich bekannt, und ich nehme an, daß Sie vielleicht die Kommunalwahl zum Anlaß nehmen, um auf die Krise des Naturschutzes in Schleswig-Holstein aufmerksam zu machen. Wenn ich mich nicht irre, versuchen Sie von KommunalpolitikerInnen, LandwirtInnen und auch sonstigen BürgerInnen ein umweltbewußtes Verhalten und verantwortliches Engagement einzufordern, wie Sie selbst es möglicherweise schon länger praktizieren und für notwendig halten.

Das ist natürlich auch dann sehr lobenswert, wenn Sie in Ihrem Appell mit keinem Wort auf die sozialen Entwicklungen und die objektiv vorhandenen Interessen eingehen, die zu dieser Krise geführt haben ­ und die auch in Zukunft ein Ende dieser Krise verhindern werden. Ich könnte diese Anzeige als einen weiteren, nutzlosen, aber gutgemeinten Appell zu den Akten legen, wäre da nicht ein Name unter den Unterzeichnern, den ich sonst aus anderen Zusammenhängen kenne: "Blut-und-Boden"-Ökofaschist Baldur Springmann, Geschendorf.

Springmann gehört zu den Mitbegründern der "Grünen Liste SH", die er bald verließ, um mit Herbert Gruhl die rechtslastige ÖDP zu gründen. Sowohl Springmann als auch Gruhl verließen die von ihnen selbst ins Leben gerufene ÖDP 1989, weil diese einen "Grundsatzbeschluß zur Abgrenzung von den Rechtsparteien" faßte, um 1991 die "nationalrevolutionäre" Abspaltung "Unabhängige Ökologen Deutschlands" (UÖD) zu gründen. Springmann selbst sorgte für regen Kontakt zu rechtsextremen Gruppen wie dem "Bund freier Bürger" (BfB), der "Deutschen Partei", der Stiefelnazi-Truppe FVB ("Freiheitlicher Volksblock") und der "Deutschlandbewegung" von Alfred Mechtersheimer. Er veröffentlichte im Organ des BDU ("Bund deutscher Unitarier") und in der "Jungen Freiheit" (Neonazi-Postille). Erst im September unterstützte er das im Aufbau befindliche Bündnis "Offensive für Deutschland" des Haider-Fans Heiner Kappel. Am 22. Januar dieses Jahres glänzte Baldur Springmann an der Kieler Universität durch einen denkwürdigen Auftritt: Auf Einladung der Hochschulgilde "Theodor Storm" (wohl auf maßgebliches Betreiben des rechtsextremen Gilde-Mitglieds Rüdiger Dorff) erschien er unter dem Schutz einer als Saalordner deklarierten SS-Truppe mit dem Namen "Fissauer Kameradschaft" zu einem Vortrag über "Ökologie und Religiosität".

Daß nun bei den Unterzeichnern gleichzeitig renommierte Naturschützer wie Prof. Klaus Dierßen, Nils Kobarg, Heiko Grell, Wilhelm Mecklenburg, Edda Müller und ein bundesweit bekannter Ökofaschist auftauchen, kann ich mir nur so erklären, daß die einen von dem anderen nichts wußten, als sie den Aufruf unterzeichneten. Symptomatisch allerdings ist die Inhaltsarmut des Aufrufs, die es eben ermöglicht hat, daß auch Menschen hier ihre Absichten vertreten sehen können, deren Begriff von Naturschutz auf dem deutschen Volkstum basiert und die sich den Weg zu einer "gesunden" Umwelt vor allem autoritär, ausländerfrei und "sozialhygienisch" vorstellen.

Ich möchte Sie für zukünftige Vorhaben darauf aufmerksam machen, daß nicht jede Unterschrift eine Stimme mehr für dieselbe Sache sein muß, sondern Sie auch hundert Stimmen Vertrauen kosten kann.

(BG)