Repression

Verfassungsschutzbericht: Kaum Neues

Mitte März hat das Landesamt für Verfassungsschutz seinen Verfassungsschutzbericht 1997 vorgelegt. Auf über 80 Seiten präsentieren die 68 Angestellten des Amtes kaum Neues.

Im Bereich des Rechtsextremismus registriert der Bericht einen leichten Mitgliederzuwachs, und zwar namentlich bei sog. gewaltbereiten Rechtsextremisten, deren Schwerpunkt die "Notwehr gegen die Überfremdung" ist. Die Gewalttaten selbst gingen zurück, als herausragend wird der Mord an einem Polizeibeamten durch Kay Diesner erwähnt. Wichtigste Neuentwicklung ist die gelungene Sammlung von Rechtsextremisten verschiedener Organsationen im "Bündnis Rechts für Lübeck". Allerdings wird diesem Bündnis kein eigenes Kapitel gewidmet, es taucht an mehreren Stellen mit auf. Diese und andere Sammlungen werden als "Folge von Organisationsverboten" gesehen, daraus wird allerdings ganz sorgfältig keine Schlußfolgerung gezogen ­ immerhin ist die Fortführung einer verbotenen Organisation verboten, der Verfassungsschutz ist für die Aufklärung in diesem Bereich zuständig.

Im Kapitel "Linksextremismus" fabuliert der Verfassungsschutz über angebliche Diskussionen über bewaffneten Kampf und behauptet, "Linksextremisten" wiesen "eine Reihe von Gemeinsamkeiten mit der von ihnen so bekämpften extremen Rechten auf". Konkret geht es dann um die Rote Hilfe, Levanti und das Lübecker Bündnis gegen Rassismus. Hier ist dem Verfassungsschutz immer noch ein Dorn im Auge, daß das Bündnis die rassistischen Ermittlungen im Lübecker Hafenstraßen-Prozeß offengelegt hat. Ansonsten, so lautet der Vorwurf, würde hier Agitation gegen Abschiebungen betrieben. Konkret vorgeworfen werden der Linken 13 "Gewalttaten" ­ ausschließlich Sachbeschädigungen, darunter 11 im Zusammenhang mit Castortransporten.

Als drittes Kapitel folgt eine Darstellung des "Ausländerextremismus", den der Verfassungsschutz weder unter "Rechts-" noch "Linksextremismus" einordnen kann. Da "Ausländer" intern allesamt in der Abteilung "Linksextremismus" bearbeitet werden, zeigt sich hier ein extremes Ungleichgewicht: Während bei der PKK akribisch jedes Zeigen einer verbotenen Fahne registriert und die Auseinandersetzungen in der (türkischen) Dev Sol ausführlich vorgestellt werden (mit dem Schlußsatz, das alles habe für Schleswig-Holstein keine Bedeutung), folgt dann die Erwähnung von zwei Morden durch rechtsextreme Türken an Linken in Neumünster und Kiel, anschließend wird ein PKK-Flugblatt zu den Hintergründen zitiert ­ und das Landesamt für Verfassungsschutz kapituliert: Man habe selbst keine Erkenntnisse dazu.

Der Verfassungschutzbericht 1997 wird im April als Broschüre erscheinen und ist dann kostenlos, auch als Klassensatz, im Innenministerium erhältlich.

(Reinhard Pohl - Nachdruck aus Gegenwind Nr. 115)