Aus dem Kieler Rat

Haushalt nicht genehmigt

Schleswig-Holsteins Innenminister Wienholtz hat den Haushalt der Landeshauptstadt Kiel nur z.T. genehmigt. Die Finanzsituation habe sich "gegenüber dem Vorjahr deutlich verschlechtert", heißt es im Haushaltserlaß des Innenministers. Nach dem strukturellen Defizit in Höhe von ca. 32,5 Mio. DM in 1997 betrage der Fehlbedarf im laufenden Jahr vermutlich ca. 41,4 Mio. DM. Auch die mittelfristige Finanzplanung verheiße nichts Gutes, denn bis zum Ende der Jahres 2001 würden nicht abgedeckte Defizite in Höhe von über 125 Mio. DM auflaufen. "Die dauernde finanzielle Leistungsfähigkeit der Landeshauptstadt Kiel ist nicht mehr gegeben", so der Innenminister.

Darüber hinaus verweist der Haushaltserlaß der Landesregierung auf erhebliche Risiken. So sei bei den Ansätzen für die Personalausgaben keine Tarifsteigerung berücksichtigt. Auch die bereitgestellten Mittel für die Unterhaltung der Bausubstanz seien viel zu gering angesetzt. Ferner gäben die Ergebnisse der städtischen Tochtergesellschaften Anlaß zur Sorge.

So befürchtet der Innenminister zusätzliche Ausgabenbelastungen durch die Entwicklung der Seehafen Kiel GmbH sowie des Städtischen Krankenhauses. Auch das Defizit der Kieler Wohnungsbaugesellschaft (ca. 5,5 Mio. Defizit) sei bedenklich.

Im Stile neoliberaler Konzepte des IWF fordert der Sozialdemokrat eine Fortführung "der Anstrengungen der Landeshauptstadt Kiel zur Haushaltskonsolidierung, die ich ausdrücklich anerkenne". U.a. befürwortet der Innenminister "bereits jetzt parallel zum Haushalt 1998 weitere Schritte zur Haushaltskonsolidierung, die im Haushalt 1999 deutliche Einsparungsspuren hinterlassen."

Vor allem dem Personalbereich komme dabei "eine besondere Bedeutung zu". Darüber hinaus fordert der Innenminister "auch konkrete Überlegungen in Hinblick auf den Umfang und die Struktur des Angebotes" in den inzwischen ausgegliederten Betreuungs- und Pflegediensten der Landeshauptstadt Kiel.

"Schließlich sollte die Landeshauptstadt Kiel im Rahmen der notwendigen Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung die Einsparvorschläge der Verwaltung, die im Rahmen des Haushalts 1998 unberücksichtigt geblieben sind, einer erneuten Prüfung unterziehen."

Inzwischen konnte der im zweiten Nachtragshaushalt 1997 ausgewiesene Fehlbetrag in Höhe von 17,2 Mio. DM auf nunmehr 4,1 Mio. DM abgebaut werden. Dies sei vor allem durch eine einnahmeseitige Erhöhung der Gewerbesteuereinnahmen erfolgt, so eine geschäftliche Mitteilung von OB Gansel an den Rat der Stadt Kiel. In einigen Bereichen habe es tatsächliche Ausgabenreduktionen gegeben, vor allem aber hätten "die wiederholten Aufrufe zu einer strengen Sparsamkeit innerhalb der Verwaltung" erste Früchte getragen.

Gansel sieht trotzdem "angesichts dieser besorgniserregenden Haushaltsentwicklung" Handlungsbedarf. Er habe "bereits seit Jahresanfang begonnen, kurz-, mittel- und langfristig umsetzbare konkrete Kürzungs-, Spar- und Konsolidierungsvorschläge für sämtliche Bereiche der LH Kiel zu erarbeiten".

Dabei kann Gansel anscheinend auch auf die Unterstützung der SPD-Fraktion bauen. Rüdiger Kirkskothen führte in der Ratsversammlung am 23.4. aus, daß die "dauerhafte struktrurelle Entlastung des Haushaltes" eine "dauerhafte Aufgabe der nächsten Jahre" sei. Er kritisierte aber gleichzeitig die rechtlichen Rahmenbedingungen, "ein Steuersystem, welches zuläßt, daß sich Konzerne aus der Finanzierung" des Staates verabschieden.

Gansel selbst forderte von der Ratsversammlung eine Reduzierung des Haushaltsansatzes in Höhe von rund 3,5 Mio. DM im Nachtragshaushalt. Scharf kritisierte der OB v.a. die Bündnisgrünen: "Es waren nicht zuletzt die Grünen", die sich für eine Erhöhung der Ausgaben ausgesprochen hätten. Die Grünen hätten die Ausgaben runtergerechnet und z.B. beim Flughafen Investitionskürzungen befürwortet. Eine Firma, die nur aufgrund des Flughafens existiere, könne nur bei der Existenz des Flughafens eine Gewerbesteuernachzahlung leisten, so der SPD-Überflieger. In Abwandlung eines ehedem grünen Mottos sinnierte der OB: "Wir haben unsere Erde nicht nur geliehen von unseren Kindern und Enkelkindern, wir dürfen sie auch nicht beleihen."

Derart kritisiert wehrten sich Lutz Oschmann und Edina Dickhoff. Oschmann sah in der Verringerung des Fehlbetrages auf nur 4 Mio. DM in 1997 einen "Beweis für erfolgreiche Haushaltspolitik von Rot-Grün". Angesichts der bundespolitischen Rahmenbedingungen "können wir zufrieden sein", so Oschmann, denn der Wegfall der Gewerbekapitalsteuer sei ohne vollen Ausgleich durch die Beteiligung an der Mehrwertsteuer erfolgt.

Edina Dickhoff lobte die "sozial ausgewogene Haushaltsplanung" von Rosa-Grün, die nicht auf Kosten der Kinder und Kindeskinder gehe und sich im Rahmen des Haushaltsvolumens der Verwaltung bewege. Sie kritisierte die Verwaltungspraxis, Ausgabenansätze deutlich zu unterschreiten und die frei werdenden Mittel für andere Aufgaben zu benutzen, "die nicht in der Ratsversammlung abgestimmt worden sind".

Schon bei den Haushaltsberatungen im Dezember habe Arne Wulff von der CDU zu Recht darauf verwiesen, daß Sparen beim Sozialen keineswegs das strukturelle Haushaltsdefizit verringere. O-Ton Dickhoff: "Wenn wieder die Situation genutzt werden soll, soziale Kahlschläge zu produzieren, dann frage ich, was das soll?"

(usch)