“Aktion blutiger Füller”

Abteilungsleiter für Ausländerangelegenheiten im Innenministerium als Schreibtischtäter geehrt

Am 2. November fand eine Demonstration gegen den zukünftigen Schleswig-Holsteinischen Abschiebeknast in Rendsburg statt. Etwa 400 Menschen protestierten gegen die Eröffnung des Knastes und staatliche Flüchtlingsabwehr. Der Vormittag war dem Aufruf von 42 Gruppen zufolge für Aktionen vorgesehen, die später auf der Demonstration vermittelt wurde.

Uns erreichte ein Bericht von der “Aktion blutiger Füller” in Kiel-Kronshagen. Ein großer gebastelter Füller sollte den Leiter der Abteilung Ausländerangelegenheit im Kieler Innenministerium, Norbert Scharbach, sinnbildlich als Schreibtischtäter auszeichnen. Die Aktionsgruppe stellte die Auszeichnung in den Vorgarten und es wurde ein kurzer Beitrag verlesen, der die Vergabe des Preises rechtfertigen sollte. Darüberhinaus würde etwas rote Farbe ausgegossen, Farbeier an sein Haus geworfen und “Schreibtischtäter aufdecken” auf den Fußweg gesprüht.

Den Redebeitrag möchten wir dokumentieren:

“Guten Morgen Herr Scharbach!

Wir fahren heute nach Rendsburg um uns an der Demonstration gegen den schleswig-holsteinischen Abschiebeknast zu beteiligen und dort unser unmißverständliches NEIN gegen rassistische Ausgrenzung und staatliche Flüchtlingsbekämpfungspolitik zum Ausdruck zu bringen.

Und auch diesen kurzen Besuch bei Ihnen Herr Scharbach wollen wir in diesem Sinne nutzen: In Form eines großen blutigen Füllers bekommen Sie als Schreibtischtäter die sinnbildliche Anerkennung für Ihre Taten hier in Ihrem biederen, deutschen Vorgarten hinterlassen.

Wir wissen, dass Sie sich alltäglich in dem um Geräuschlosigkeit bemühten gnadenlosen Alltag der Abschiebemaschinerie verdient machen.
Sie sind ja nur einer von vielen, denken sie vielleicht? Ja, aber keine falsche Bescheidenheit! Ohne die vielen Schreibtischtäter wie Sie würde in Deutschland nichts laufen!

Sie sind ein exemplarischer Funktionsträger einer Gesellschaft mit zur Flüchtlingsabwehr militärisch hochgerüsteten Grenzen, vollgestopften Abschiebeknästen, einer Gesellschaft, die heute noch vor allem Nicht- Deutsche nach ihrer Verwertbarkeit für den Standort Deutschland einteilt.

Eine besondere Würdigung verdient aber Ihr zum kotzen penetrantes Gerede von den ach so humanen Bemühungen der rot-grünen schleswig- holsteinischen Landesregierung.

Erst kürzlich mußten wir wieder in der Landeszeitung lesen, wie sie den Rendsburger Abschiebeknast als besonders human und fortschrittlich verkaufen wollen. Hören Sie einfach auf damit! Wir glauben Ihren billigen Lügen nicht!

Unser Ziel ist nicht eine angeblich Humanisierung der Abschiebehaft, damit Flüchtlinge sich nochmal richtig wohlfühlen, bevor sie gnadenlos in den Abschiebeflieger gesetzt werden.

Uns geht es um die Abschaffung aller Abschiebeknäste als Schritt auf dem Weg zum generellen Aufenthaltsrecht für alle Flüchtlinge.

Und darum fahren wir jetzt weiter zur Demonstration nach Rendsburg und lassen Sie hinter uns und hier zurück.

Für eine Welt ohne Rassismus und Grenzen!

Auf Wiedersehen!”

Weitere Ehrungen zum Schreibtischtäter?
Eine Sprecherin der Aktionsgruppe erkärte, dass in linken und sozialen Initiativen laut über weitere Preisverleihungen nachgedacht werde. Nicht nur im Bereich der Abschiebemaschinerie würden Schreibtischtäter sitzen. Sie seien auch auf Arbeits- und Sozialämtern zu finden oder würden sich um die Vertreibung von Junkies und Obdachlosen aus der Kieler Innenstadt und um die Terrorisierung jugendlicher Sprayer verdient machen. “Wir haben kein copyright auf diese Aktionsform, sie darf gerne auch von anderen nachgeahmt werden.”, sagte sie. “Im übrigen geht es uns keineswegs darum, einzelnen Schreibtischtäter persönlich schlaflose Nächte zu machen. Sie sind alle exemplarische Funktionsträger einer auf rassistischer und sozialer Ausgrenzung beruhenden Gesellschaft. Ein jeder von ihnen muß deswegen bei guter Begründung eventuell auch für eine Kritik an eben dieser Gesellschaft herhalten.”

Gespannt ist der Berichterstatter.

Ein Video zur Aktion findet sich im Internet unter:

www.umbruch-bildarchiv.de/video/abschiebeknast/021102blutigerfueller.html

Weiter Berichte zum Aktionstag in Rendsburg finden sich unter: www.netzwerk-asyl.de