"Bambule"  in Hamburg

Nach einem Jahr repressiver Politik des Hamburger Mitte-Rechts Senats, brachte im November die Räumung des Bauwagenplatzes ”Bambule” in St. Pauli das Fass zum Überlaufen und setzte eine Dynamik in Gang, die kaum jemand erwartet hatte.

Ein Toter durch Brechmitteleinsätze, noch mehr Abschiebungen als unter rot-grün, Kürzungen in allen sozialen Bereichen, Aufrüstung im Bereich der inneren Sicherheit, geschlossene Heime für Kinder – die Repressions- und Sozialabbauliste ließe  sich beliebig fortsetzten. Alle diese Ereignisse zogen Proteste nach sich, die meist auf die direkt Betroffenen beschränkt blieben und nicht lange anhielten. Zwar demonstrierten im April 10.000 gegen die neue – von CDU, FDP und Schill-Partei getragene – Senatspolitik und im Juni mehrere 10.000 gegen dessen Bildungspolitik, doch diese Proteste entwickelten keine Dynamik wie die Proteste nach der Räumung der ”Bambule”.
 
Die Demonstrationen und Aktionen nach der Räumung weiteten sich schnell zu einem Protest gegen die gesamte Senatspolitik aus. Innensenator Ronald Schill kündigte ein harte Linie an. Infolgedessen waren viele der Demonstrationen von einem massiven Polizeiaufgebot begleitet, das mehrmals zu Eskalationen beitrug. Nach einer Großdemonstration mit 4000 Teilnehmern, wurden zwei Beamte der schleswig-holsteinischen Einsatzhundertschaften – die sich dienstlich in Zivil unter die Demonstranten gemischt hatten – von Beamten der als Schläger bekannten Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) aus Thüringen dienstunfähig geprügelt. Die zusammengeschlagenen Polizisten haben inzwischen Anzeige gegen deren Kollegen gestellt. In der Nacht auf den 19. Dezember wurden 269 Personen auf St. Pauli in Gewahrsam genommen. Gegen den Kessel in der Hein-Hoyer-Straße wird es Klagen geben.

Inzwischen hält sich Schill mit markigen Worten zurück. Der erste Bürgermeister, Ole von Beust,  hat das Ruder übernommen und scheint zu Verhandlungen mit den ehemaligen Bewohnern der ”Bambule” bereit zu sein. Dass sich die Proteste gegen die gesamte Senatspolitik, und nicht nur gegen die Räumung des Bauwagenplatzes richten, ist  von Beust noch nicht klar. ”Kill Schill” sind die martialischsten Forderungen an den Wänden und in den Straßen im Kiez.

Am 1. Dezember wurden die ersten 25 Plätze der – in der obigen Auflistung erwähnten – geschlossenen Unterbringung für Jugendliche in Betrieb genommen. Es dürfte nicht lange dauern bis diese belegt sind. Eine Woche zuvor war die Einsparung von sieben Stellen in der Sozialarbeit mit Jugendlichen auf St. Pauli beschlossen worden.
 
(tj)
 

Termine: http://www.bewegungsmelder.org über die Räumung der Bambule: http://de.indymedia.org/2002/10/31892.shtml Aktuelles aus Hamburg: http://de.indymedia.org/2002/11/35107.shtml