Hamburger Bambule-Proteste:

Neue Bündnisse?

Hamburgs liberal-konservativer Senat ist mächtig unter Druck. Wir sprachen mit Ariane Dandorfer, Vorstandmitglied bei Regenbogen, einer linken Gruppe, die sich von den Grünen abgespalten hat und die Hamburger Linke vernetzen will. (wop)

LinX: 2000 Polizisten waren am Samstag (30.11.) in Hamburg gegen 5000 Demonstranten im Einsatz. Das klingt, als ob der Hamburger Senat ein bißchen paranoid ist.

Ariane Dandorfer (A.D.): Das ist nicht Paranoia, sondern eine ganz klare Linie, die Härte demonstrieren will. Ich glaube übrigens, dass es zeitweise noch mehr als 5000 waren, die am Samstag demonstriert haben. Die Proteste richteten sich auch gegen den Innensenator Schill.

LinX: Dass so viele auf die Straße gehen, läßt vermuten, dass es um mehr als nur die Räumung einer Wagenburg geht, oder?

A.D.: Ja. Die Wagenburg Bambule ist gewissermaßen ein Symbol. Ihre Räumung wirft ein Schlaglicht auf die unsoziale Stadtentwicklungspolitik im Karolinen-Viertel, das für die Erweiterung der Messehallen zurecht gemacht werden soll. Dort läuft eine politische Vertreibung und Ausgrenzung aller, die nicht ins Bild passen. Außerdem war die Räumung völlig unverhältnismäßig und ist damit Ausdruck einer vollkommen überzogenen Law-and-order-Politik.

LinX: Welche sozialen Kräfte und Gruppen beteiligen sich an diesen Protesten?

A.D.: Das Schöne bei diesen Bambule-Protesten ist, dass sie sich inzwischen nicht mehr nur auf die linke Szene beschränken, sondern dass ganz unterschiedliche Gruppen dabei sind. Zum Beispiel die Sozialpolitische Opposition (Sopo), ein Zusammenschluss von Beschäftigten sozialer Einrichtungen, der sich gegen haarsträubende Sozialpolitik wehrt. Auch die GEW und die Studentenausschüsse der Hochschulen haben sich schon an einigen Demonstrationen beteiligt.

LinX: Wie geht es mit den Protesten weiter?

A.D.: Bisher hatte der Senat auf alle Proteste mit einem Schulterzucken reagiert. Es hat ja bereits Großdemonstrationen mit 10 000 Leuten gegen die Kürzungen des Sozialetats gegeben. Jetzt fängt er an, um sich zu schlagen, beziehungsweise läßt die Polizei um sich schlagen.

LinX: Was ist für die nächste Zeit geplant?

A.D.: Am nächsten Samstag (7.11.) soll es eine weitere Großdemonstration geben, die sich explizit gegen die Sozialpolitik des Senates richtet. Dazu rufen die Gewerkschaft ver.di, die Sopo, Regenbogen und diverse andere Gruppen auf. Und jenseits der Demonstrationen gibt es viele Treffen und Diskussionen darüber, wie wir den Senat weiter unter Druck setzen können. Aber das ist noch alles im Fluß. Im Stadtteil St. Pauli organisieren sich zum Beispiel Anwohner gegen Polizeibrutalität. Dort war es in der Nacht vom 18. auf den 19. November nach einem Fußballspiel des FC St. Pauli gegen den Ersten FC Köln zu massiven Polizeiübergriffen gegen eine spontane Demonstration gekommen. Auch viele Passanten waren betroffen. Jetzt überlegt man sich im Stadtteil, wie man dagegen juristisch, aber auch mit Öffentlichkeitsarbeit vorgehen kann.