Ratssplitter

So viel öffentliches Interesse wie die am 21. November hatte eine Ratsversammlung schon lange nicht mehr gesehen: Pumpemitarbeiter und -nutzer waren gekommen und hatten zuvor 4040 Unterschriften übergeben; Heidelberger waren da und Beschäftigte der Stadtwerke. Letztere wurden aber gleich zu Beginn brüskiert: Einem Antrag der SPD, der sich mit der Krise beim Stadtwerke-Mehrheitseigner TXU befasste. wurde wegen Verfahrensfehler die Dringlichkeit aberkannt, weshalb er erst im Dezember behandelt werden wird. Ganz ließ sich allerdings auch in der Geschäftsordnungsdebatte darum die inhaltliche Beschäftigung nicht vermeiden. SPD-Fraktionsvorsitzender Raupach haute mächtig auf die Wahlkampfspauke (im März sind Kommunalwahlen), sein Fraktionskollege Tovar stellte fest, dass "die Stadtwerke keinen strategischen Partner mehr haben" und CDU-Chef Wulff forderte den Oberbürgermeister (OB) auf, bis zur nächsten Ratssitzung die verschiedenen Optionen darzulegen "bis hin zum Rückkauf von Anteilen" (um die Mehrheit zurückzubekommen).

Einigen Trubel gab es auch um den Sonderausschuss "Kieler Schloss", der Licht in die Vorgänge um den missglückten Verkauf bringen soll. CDU und SUK haben sich aus ihm zurückgezogen. OB Gansel habe dort ein destruktives Verhalten gezeigt und sich als "beratungsresistent" erwiesen. Ein Antrag der Grünen, der Gansel auffordern sollte, "die direkte Befragung der mit dem Vorgang Kieler Schloss befassten Verwaltungsmitarbeiter zu ermöglichen", wurde mit den Stimmen der SPD-Mehrheit abgelehnt.

Ganz ein Hartz und eine Seele war man allerdings, als um die Bekämpfung der Arbeitslosen ging. Der OB soll die Auswirkungen der Hartz-Vorschläge für die Stadt in den Fachausschüssen darlegen. SPD-Chef Raupach hofft darauf, dass 50 Prozent der Sozialhilfeempfänger in die "Arbeitslosenhilfe II" überwechseln und damit das Stadtsäckel entlastet wird. Probleme sieht er allerdings auf die KiBA zukommen, da die Hilfe-zur-Arbeit-Programme entfallen.

Genauso einmütig war man, als es um das Einfrieren der Zuschüsse für die Pumpe ging und konnte im Schnelldurchgang zum Thema Tourismus mitreden. Der Kulturausschuss hatte sich beschwert, dass man ihn nicht nach seiner Meinung gefragt. Dabei sei die doch so wichtig, um Touristen anzulocken. Worauf Kultur- und Wirtschaftsdezernent Rethage sich freute, "dass auch die Kollege aus dem Kulturausschuss die Oper als Event sehen und hier einbringen wollen". Klar, dass man unter solchen Gesichtspunkten kein Kultur- und Kommunikationszentrum mehr braucht.

Die Planung für Autobahnauffahrten am Russeer Weg sollen auf Beschluss von CDU und SPD wieder aufgenommen werden. Da nutzte auch der Hinweis der Grünen Ratsfrau Ingrid Jöhnk nichts, dass es vom Bund sowieso kein Geld geben werde und daher die Planungskosten lieber in die Schulsanierung gesteckt werden sollten.

Zur "Vermarktung der Kieler Woche und anderer Events" soll eine GmbH gegründet werden lässt der OB die Ratsfrauen und -herren wissen. Sei's drum, das Niveau wird sowieso kaum noch abzusenken sein.

Im Januar, so beschloss die Ratsversammlung, soll ein "Gedenkort" für das einstige KZ Russee eingeweiht werden. Dem Rat wurde ein Bericht über das Forschungsprojekt "Zwangsarbeit in Kiel" vorgelegt, über das wir in einer der nächsten Ausgaben hoffentlich etwas ausführlicher berichten können.

Die nächste Ratsversammlung ist am 12. Dezember.

(wop)