Aggressoren verschießen im Irak Uranmunition

Mord auf Raten

Das Drama im Irak setzt sich für die Bevölkerung in verheerender Weise weiter fort. Die angreifenden Militärs scheinen mit ihren fehlgeschlagenen strategischen Konzepten, die von einem begeisterten Empfang durch die Iraker ausgingen, der Propaganda ihrer eigenen Regierungen auf den Leim gegangen zu sein.
Die irakischen Verbände wollen sich einfach nicht “befreien” lassen, sie greifen die englischen und US-Truppen immer wieder an, so dass diese ihre langen Nachschubwege nicht sichern können.

Es sind deshalb weitere umfangreiche Truppenverstärkungen angeordnet worden. Eine weitere Eskalation ist absehbar, die Zunahme der Drohungen gegen Syrien und den Iran lässt Schlimmstes befürchten. Der Krieg wird sich voraussichtlich über Monate hinziehen.

Die Bundesrepublik ist Drehscheibe des Nachschubs für diesen Krieg. Auch hier starten Bomber zu ihren Einsätzen. Ohne die vielfältige und essentielle Unterstützung für diesen Krieg, die Kanzler Schröder Herrn Bush schon frühzeitig garantiert und versprochen hatte, wäre es nicht so einfach möglich, diesen zu führen und auszuweiten.

Diese indirekte Teilnahme am Krieg hat der rotgrünen Regierung trotz weiter forciert vorangetriebenen Sozialabbaus und der permanenten Umstrukturierung der Bundeswehr zu einer aggressiven imperialistischen Interventionsarmee in der allgemeinen Akzeptanz bisher nicht sehr geschadet, bedauerlicherweise, muss man sagen. Erfreulich dagegen sind die heftigen Gegenreaktionen auf Schröders dreiste Ankündigung, in dieser Situation mehr Geld für den Kriegsetat (Verteidigungetat kann man ihn nun wirklich nicht mehr nennen) zusammenzuraffen.

Die eindeutige und entschlossene Ablehnung des brutalen Angriffskrieges gegen den Irak durch die von den USA geführten Koalition der so genannten “Willigen” nimmt weltweit zu. Wir müssen diesen Widerstand unbedingt weiter verstärken, da dieser Krieg zu immer mehr Todesopfern führt und die Lebensbedingungen der seit über zwei Jahrzehnten durch Kriege und Embargopolitik geschundenen irakischen Zivilbevölkerung immer katastrophaler werden.

Die Zerstörung der Versorgungseinrichtungen im Bereich Strom, Wasser und Abwasser führen zu Hunger, Durst und Infektionen. Es drohen Epidemien mit Cholera, Typhus und Hepatitis. Das Gesundheitssystem, bereits vor diesem Krieg durch das Embargo am Rande des Zusammenbruchs stehend, ist unter den Kriegsbedingungen immer weniger in der Lage, die immer größer werdende Zahl von z.T. schwerstverletzten und infizierten Patienten zu behandeln. Die eingeleiteten und geplanten Hilfslieferungen von Nahrungsmitteln und Medikamenten drohen unter der Kontrolle der Angriffstruppen zu einem Instrument der erpresserischen Kriegsführung zu werden. Die Pläne der US-Militärs, Bagdad einzukreisen und auf einen herbei halluzinierten Aufstand der Schiiten in dieser Sechsmillionenstadt zu warten, was in der Praxis Belagerung und Aushungerung bedeuten dürfte, weisen ebenfalls in diese Richtung. In Zusammenhang mit der geplanten Umstellung des Bombenterrors auf Flächenbombardements, was einer “Verbrannten Erde”-Taktik gleichkommt, kann dieses menschenverachtende Kriegsverbrechen nur als geplanter und organisierter Massenmord bezeichnet werden.

Der bei den Angriffstruppen verbreitete Einsatz von Uranmunition, auch Depleted Uranium (Abgereichertes Uran) oder DU-Munition genannt, muss mit Massentötung auf Raten beschrieben werden. Uran238, von hohem spezifischen Gewicht und ein Abfallprodukt der Uran-Industrie, also sehr billig, wird von Militärs wegen der höheren Durchschlagskraft und größeren Zielgenauigkeit gerne in vielfältiger Form in panzerbrechender Munition und in Mengen bis zu 2.000 Kg in sogenannten Bunkerknacker-Sprengköpfen verwendet. Bereits im zweiten Golfkrieg, ebenso wie in Jugoslawien und in Afghanistan, kam und kommt dieses Material massenhaft zum Einsatz. Im Irak sind weite Gebiete insbesondere im Süden um Basra herum kontaminiert, mit verheerenden Langzeitfolgen für die Bevölkerung. Es kommt zu ausgeprägten geschwürigen Hautveränderungen, Funktionsstörungen von Leber und Nieren, Leukämien, Tumoren, Hydrocephalus und Bauchwassersucht, Bronchial- und Nierencarcinomen, weit verbreiteten Fehlbildungen, Fehl- und Totgeburten sowie zu Funktionseinschränkung des Immunsystems mit den entsprechenden Anfälligkeiten für Infektionskrankheiten. Man geht davon aus, dass diese auch unter dem Namen Golfkriegssyndrom zusammengefassten Krankheiten im Irak zu Zehntausenden von Toten geführt haben, insbesondere unter den Kindern, die die Hälfte der irakischen Bevölkerung ausmachen. Internationale Schätzungen kommen zu dem Ergebnis, dass der zweite Golfkrieg in Zusammenhang mit den Folgen der Embargopolitik über eine Million Irakis das Leben gekostet hat. Aber auch die damals beteiligten Soldaten sind schwer betroffen. So sind von den eingesetzten GIs mittlerweile über 6.000 verstorben und 186.000 kämpfen verzweifelt um eine Entschädigungsrente.

Wegen der Bedeutung dieses Themas und der geringen Beachtung durch die Medien führt das Kieler Antikriegsbündnis am 16. April (19 Uhr, Audimax der Uni) eine Veranstaltung durch. Eingeladen ist der Arzt Prof. Dr. Siegwart-Horst Günther. Zu Professor Günther ist zu sagen, dass er nach dem zweiten Golfkrieg als Wissenschaftler an der Universität von Bagdad tätig war und die Folgen des DU-Munitionseinsatzes der Weltöffentlichkeit zugänglich gemacht hat.

(hhr, Rede auf der Kieler Antikriegsdemo am 29. März)