Kernspalte

Die Amis drehen völlig durch! Weil ihnen der größte Stromausfall der Geschichte peinlich ist, sabotieren ihre Geheimagenten jetzt das europäische Stromversorgungsnetz - oder gibt es noch eine andere Erklärung für die Stromausfälle in Tirol und Helsinki? Holzfällerarbeiten, Fehler von Wartungsbediensteten - diese offiziellen Erklärungen sind geeignet, Verschwörungstheorien ein langes Leben zu bescheren. Natürlich, bei uns kann sowas nicht passieren, hatten alle Experten und Minister wiederholt, weil wir so tolle Überkapazitäten haben - und schon bröckelt es verdächtig an allen Ecken.

Die Überkapazitäten haben wir den noch laufenden AKWs zu verdanken. Und weil auch früher schon jede Krise recht war, die Apologeten der Kernspaltung aus ihren Löchern zu locken, verwundert es nicht wirklich, dass Zuspruch nicht nur von der Journaille (z.B. dem Chefredakteur der Hannoverschen Nachrichten), sondern auch von Gewerkschaftslakaien kommt, wie dem IG BCE-Vorsitzenden Hubertus Schmoldt, der sich natürlich über die Zukunft unseres Landes Gedanken macht: "Wir werden uns mit der Frage befassen müssen, ob der Ausstieg aus der Kernenergie so unverrückbar ist, wie einige glauben". Atomkraftgegner glauben das ja sowieso nicht, also wozu der Testballon? Weil man "auf der Grundlage neuer Technologien die Kernkraft im Energiemix" behalten soll. Neue Technologien? Na, wegen der Kühlwasserprobleme in heißen Sommern! Technisch ist nämlich alles lösbar, versichert Schmoldt (könnte in den USA ausgebildet worden sein, der Mann!), wenn man "Kernkraftwerke küstennah baut". Also z.B. in der Eckernförder Bucht, im Wattenmeer, auf Fehmarn. Das soll eine neue Technologie sein? Willy Voigt, übernehmen Sie!

Statt mit Meerwasser geht es übrigens auch mit Ausnahmegenehmigungen und lauwarmem Flusswasser. Besonders erstere waren traditionsgemäß in süddeutschen Bundesländern, an Isar, Rhein und Neckar, leichter zu haben als an der Unterweser. Das ist auch kein Wunder, denn im Norden lässt man sich ungestraft von im Gleisbett (vielleicht) angeketteten Castor-GegnerInnen nötigen. Aber damit soll jetzt Schluss sein, und zwar aufgrund einer Revisionsentscheidung des OLG Celle. Dieses verlangte am 12. August eine Wiederholung des Strafprozesses gegen die vier Süschendorf-Blockierer und monierte, das Landgericht Lüneburg habe zwar die "Störung öffentlicher Betriebe" erkannt, nicht jedoch die Nötigung, zu der das Anketten in besonderer Weise geeignet sei. Die Atomkraftgegner ihrerseits erwägen nun den Gang vor's Bundesverfassungsgericht, weil sie sich durch das schon rechtskräftige Urteil auf eine Stufe gestellt sehen mit "gemeingefährlichen Sabotageakten" nach §316b BGB, was einer Verfolgung nach §129a (Bildung terroristischer Vereinigung) Tür und Tor öffnen würde.

Die Zukunft dieser 4 Blockierer kümmert die Grünen im Bundestag sicherlich nicht, aber die Zukunft des Standorts Deutschland umso mehr. Fraktionsvize Loske fürchtet plötzlich, dass die Lichter ausgehen. Zu jedem modernen Bürokratenvorschlag gehört das Wort "Qualitätssicherung", und natürlich muss die (bezogen auf die Energie-Infrastruktur) "gesetzlich" verordnet werden, wie es ja schon so unnachahmlich bei der Einwegverpackung geklappt hat. Das sind die Folgerungen, die Loske stellvertretend für seine Partei aus der Liberalisierung des Strommarktes und den Stromausfällen (s.o.) gezogen hat. Dass die Stromkonzerne die Infrastruktur verkommen lassen, um Geld zu sparen, ist den Strompreisen allerdings nicht anzumerken. Im Gegenteil: Nach der Aufhebung der Versorgungsmonopole liegen die Preise durchschnittlich um 6%, regional bis zu 20% höher als vor einem Jahr, und Strom wird nach Einschätzung von BMU Trittin noch teurer werden, da "billiger Strom aus alten, abgeschriebenen Anlagen" kaum noch zur Verfügung stehe, denn überall in Europa "müssen die Kraftwerke erneuert werden". Irgendwie Mist, dieser Mix aus Privatisierung der Gewinne und Vergesellschaftung der Verluste! (BG)