Kommentar:

Besatzerrecht

Amir el Saadi ist verschwunden. Am 12. April stellte er sich den US-Besatzern, seitdem sucht seine Frau nach ihm. Erst am 27. Die Zivilverwaltung ließ ihre Briefe unbeantwortet. Erst am 27. Juni antwortete ihr der Militäranwalt, dass noch geprüft werde,ob er den Status eines Kriegsgefangen bekomme. Kein Wort über den Aufenthaltsort, keine Antwort auf die Frage nach einem Anwalt für el Saadi. Dieser ist kein Einzelfall, aber besonders prominent, da er wissenschaftlicher Berater Saddam Husseins und Hauptgesprächspartner der Waffeninspekteure gewesen war.

Besatzerrecht, home made, gegen alle internationalen Konventionen, gegen das Völkerrecht.

Passend dazu veröffentlichte Amnesty International Mitte August in London einen Bericht, der auf die anhaltenden Rechtsverstöße in den US-Gefängnissen in Afghanistan und auf dem Karibikstützpunkt Guantánamo hinweist. Durch die Weigerung, den Gefangenen den Status der Kriegsgefangen zu zuerkennen, werden diese im rechtsfreien Raum gehalten. Die unmenschlichen Bedingungen, unter denen sie leben müssen, verstoßen gegen zahlreiche Vorschriften über die Behandlung von, auf die man sich einst in der Genfer Konvention geeinigt hatte. So zum Beispiel die Ketten, in die man die Gefangenen gelegt hat, oder die Augenbinden, mit denen die US-Besatzer auch im Irak ihre Gefangen abtransportieren. Aus Afghanistan hat ai sogar Belege, die zeigen, dass dort in US-Haft die Gefangenen schwer misshandelt werden.

Ob die Guantánamo-Gefangenen nun Taliban sind oder nur Unbeteiligte – wie es einige zu sein scheinen: Für sie oder den Waffenbauer el Saadi die Einhaltung rechtlicher Mindeststandards zu fordern hat nichts mit Parteinahme zu tun. Es geht darum, das sicher nicht perfekte Völkerrecht gegen das Faustrecht zu verteidigen. (Dass man in dieser Frage aus Berlin keine Kritik hört, lässt befürchten, dass man durchaus gewillt ist, demnächst selbst, vielleicht in Afrika, auf diese Art deutsche Handels- und Rohstoffinteressen durchzusetzen.) Der globale Aktionstag am 13. September anlässlich der WTO-Tagung in Cancún ist unter das Motto „Gegen Globalisierung und Krieg“ gestellt und wäre eine gute Gelegenheit, gegen Kolonialismuszu und Faustrecht zu mobilisieren.(wop)