Kernspalte

Am 3. September ging das geplante Endlager in Gorleben kurzfristig in Volkseigentum über. Um 10 Uhr war die angemeldete Besuchergruppe - 13 Mitglieder der BI Lüchow-Dannenberg, ein Journalist der FR - mit einem BfS-Mitarbeiter in den Schacht eingefahren. Um 11.40 Uhr war die Besichtigung durch, aber die Besucher wollten nicht wieder hoch - es sei denn, Trittin oder BfS-Präsident König würden vor Ort erscheinen und Gorleben als Endlager für ungeeignet erklären. Der FR-Journalist ist überrascht und setzt sich gleich ab. Die 13 Verbliebenen, darunter zwei Franzosen, erklären das Bergwerk für besetzt und richten sich in 840 m Tiefe häuslich ein. Draussen vor dem Tor solidarisieren sich rund 100 Demonstranten mit den Besetzern. Trittin und König kommen nicht, aber dafür um 21 Uhr die Polizei. Die Endlagergesellschaft DBE gibt später an, das sei nötig gewesen, weil die Besetzer im Schacht (auf der Suche nach Wasser) umhergelaufen seien und sich in Gefahr gebracht hätten. Vier gehen vorzeitig, vier müssen getragen werden, 5 gehen schließlich mit. Anzeige wird nicht erstattet. Nach einem neuen Endlagerstandort wird weder vorher noch nachher gesucht, niemand will das bezahlen, auch die 30 Mrd. Rückstellungen der AKW-Betreiber werden nicht in einen öffentlichen Fond überführt, der das bezahlen könnte, aber das Moratorium bleibt bestehen. Wenn es wieder aufgehoben wird, wird es wohl immer noch nur einen Endlagerstandort für hochradioaktiven Müll geben. Und der wird dann ausgebaut.

Gleich zweimal fanden wieder Atommülltransporte von norddeutschen AKWs statt - am 20. August und am 4. September. Beide Male war Brunsbüttel beteiligt, Zwischenfälle gab es auf dem Transport nach La Hague nicht. Aber in der Nähe, in einem Brennelemente-Lager des französischen AKW Gravelines am Ärmelkanal, brach am 5. September ein Feuer aus, über dessen Folgen nichts Näheres bekannt wurde. Die Radioaktivität würde kaum ins Gewicht fallen, denn nach Angaben von WISE (World Information Service on Energy), Paris, gibt La Hague 40mal mehr Radioaktivität an die Umwelt ab als alle 439 weltweit betriebenen AKWs zusammen. Eins davon ist Cattenom, auch das ist französisch und liegt an der Mosel. Dessen Betreiber EDF hat höhere Grenzwerte für die Tritiumableitung im Abwasser beantragt, um "die Ausbeute von Brennelementen zu erhöhen". Im benachbarten Rheinland-Pfalz ist nun die Umweltministerin besorgt - nicht so sehr wegen der Mosel, sondern weil "erhöhte sicherheitstechnische Anforderungen" noch nicht geprüft seien, und weil die deutschen Behörden, u.a. die Strahlenschutzkommission, an der Entscheidung beteiligt werden müssten. Wenn Verseuchung, dann gründlich und mit deutschem Prüfstempel!

Der nächste Castor-Transport nach Gorleben wird nach Informationen verschiedener Zeitungen am 10. November in La Hague starten und am 12.11. in Dannenberg ankommen. Dabei könnte der Polizei eine neue Rolle zufallen, die nach der Auflösung der niedersächsischen Bezirke vakant geworden ist: Die der Versammlungsbehörde! Die Polizei könnte demnach selbst über Auflagen und Verbote entscheiden, die sie bisher nur im Auftrag der Bezirksregierungen durchsetzen durfte. Dies sei "keineswegs" ein Schritt in Richtung Polizeistaat, sagte ein Sprecher des niedersächsischen Innenministerium pflichtgemäß. Die PISA-Generation und die Klone des Vierten Reichs sind damit hinreichend beruhigt.   (BG)