Kommentar:

Kanonen statt Butter

Lehrbuchreif: Die kapitalistische Weltwirtschaft kriselt an (fast) allen Enden, Arbeitslosenzahlen steigen in immer neue Höhen, Löhne werden gedrückt, soziale Leistungen gekürzt, Renten in Frage gestellt und Gesundheitsversorgung zu einer Frage des Geldbeutels gemacht. Und was fällt dem Dachverband der deutschen Kapitalisten, dem BDI dazu ein? Aufrüstung, Bundeswehr modernisieren, Verteidigungsetat aufstocken.

Nein, das ist keine linksradikale Propaganda, sondern Realität. Letzte Woche trat BDI-Chef Michael Rogowski vor die Presse um sein Strategiepapier „Streitkräfte und Industrie 2010“ vorzustellen. Sinniger Weise hatte er sich dafür den 11. September ausgesucht. Kernpunkte sind die drei bereits erwähnten sowie die Forderung nach der Abschaffung der Wehrpflicht. Auch der Oberkapitalist ist offensichtlich der Meinung, dass sich moderne Aggressionskriege offenbar besser mit Berufssoldaten führen lassen.

Es hat ja einige Linke gegeben, die in den letzten Jahren Kriegsgegnern, die auf den Zusammenhang zwischen Sozialabbau und Aufrüstung hinwiesen, Populismus unterstellten. Rogowski belehrt sie eines besseren. Er fordert gleichzeitig „Haushaltskonsolidierung“, soll heißen Sozialabbau en gros, und Aufstockung des Bundeswehretats. Man sollte ihm die klaren Worte danken und den Widerstand gegen die Rüstungspolitik zu einem wichtigen Bestandteil der Mobilisierung gegen Schröders Gruselkatalog „Agenda 2010“ machen.

Und man sollte lauter, öfter und verständlicher, so dass es auch bei den Menschen ankommt, darüber sprechen, dass man die neuen Kriegsschiffe, Panzer und was sonst noch auf dem Wunschzettel der Militaristen steht, nicht zum Einstauben gedenkt zu kaufen. Das Mordswerkzeug soll eingesetzt werden. Rogowskis Strategiepapier ist nicht vom Himmel gefallen. Beim BDI sieht man die Zeit gekommen, Deutschland ein ansehnliches Teil vom Kuchen zu verschaffen, den es nach dem Wegfall der Ost-West-Konfrontation neu zu verteilen gibt.

Bei der Gelegenheit sollte man auch daran erinnern, dass der Kapitalismus seine großen Krisen bisher nur durch die massive Vernichtung von Produktionsanlagen hat überwinden können, das heißt durch Krieg. Nichts deutet darauf hin, dass sich daran etwas geändert hat, und nur der weltweite Aufschwung der  Antikriegsbe- wegung in den vergangenen Jahren lässt darauf hoffen, dass dieser Weg für die Großmächte in Europa und Nordamerika nicht mehr so ohne weiteres zu begehen ist, wie er es im vergangenen Jahrhundert war.   (wop)